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Von Tisch zu Tisch: Bejte-Ethiopia

Essen mit Fingern und Pfannekuchen

Bejte-Ethiopia, Zietenstraße 8, Schöneberg, Tel. 262 59 33, täglich ab 16, samstags und sonntags ab 14 Uhr. Foto: Mike Wolff

Wenn schon die Vorspeise fromme Assoziationen weckt, ist die Gefahr groß, dass der Abend nicht in vollständigem sinnlichem Genuss enden wird. Dabei riecht es so gut nach Weihrauch in dem kleinen äthiopischen Restaurant. Der dampft weiß aus einer Schüssel empor, direkt neben der Röststelle, an der eine schöne Afrikanerin im langen weißen Kleid eine Kaffeebohnenzeremonie abhält, bevor sie den fertigen, orientalisch gewürzten Kaffee in die Tassen füllt und auf die lauschige kleine Gartenterrasse trägt. Kaffee als Aperitif? Sonst nicht unsere Art, aber warum nicht. Als Appetitanreger gibt es zum Kaffee salziges Popcorn, was besser passt, als man annehmen sollte.

Der Raum ist mit dezenter Folklore ausgestattet, mit afrikanischen Decken und Körben, in Schaukästen wird schöner, handgefertigter Schmuck ausgestellt. Auch die Linsensuppe kommt in einem dekorativen flachen schwarzen Kelch mit Deckel und ist schön scharf, ansonsten ihren deutschen Vettern nicht so unähnlich: Kartoffeln und Lauch und Gemüse drin, alles, wie es sich gehört (3 Euro). Allein das, was der Chef des Hauses als „Brot“ bezeichnet, schmeckt etwas gewöhnungsbedürftig: zu zigarrenartigen Gebilden zusammengerollte Pfannkuchenfladen, die aufdringlich sauer schmecken. „Drei Tage müsse der Teig gären, um den Geschmack hinzubekommen“, verkündet der Kellner stolz. Leicht gruselnd fragen wir uns heimlich, ob die Israeliten nicht doch Glück hatten, bereits im Buch Moses den Genuss von ungesäuertem Brot verordnet zu bekommen. Ein paar trockene Kekse wären jetzt durchaus willkommen.

Aber gemach, wir sind ja hier, um was Neues kennenzulernen. Die Hauptspeisen werden auf riesigen runden silbernen Tabletts gebracht. Darauf sind mehr Pfannkuchen, teils elegant umgeklappt, dekorativ ausgebreitet. Auf denen sind die eigentlichen Speisen drapiert: Rindfleischwürfel zum Beispiel, leider etwas zäh, in scharfer Paprikasauce gekocht, oder zarteres Hühnerfleisch in milder Currysauce, dazwischen schneeweiße Käsebrocken, außerdem Linsen in scharfer Sauce, kräftiger Grünkohl und scharfes Kichererbsenmus. „Qelqel“ heißt die Kombination: „Gemischter Teller“ (9 Euro). Es gibt auch verschiedene Kombinationen für Vegetarier, die in ähnlichen untertassengroßen Klacksen auf den Pfannkuchenbroten angerichtet sind. Gekochtes Gemüse, außerdem verschiedene Variationen von der Linse, ebenfalls in scharf abgestuften Gewürz-Saucen. Dazu gibt es fast herkömmlichen gemischten Salat (8 Euro). Anfänger bekommen auf Wunsch auch Messer und Gabel dazu. Wer nach Art der Äthiopier essen will, und das wollten wir natürlich, reißt sich Stücke vom Pfannkuchenfladenbrot ab, das „Enjere“ heißt, und greift sich damit das saucige „Wott“. Vorsicht, dass es nicht tropft, das ist eine nicht ganz unmatschige Angelegenheit. Und vorher das Händewaschen nicht vergessen!

Zum Nachtisch gibt es einen glibbrig glatten Sesampudding mit reichlich gehobelten weißen Mandelstiften drüber und dicken Datteln drin (4 Euro).

Liebhaber äthiopischen Bieres werden sich hier wie im Schlaraffenland fühlen, es gibt nämlich gleich mehrere Sorten, für jeweils drei Euro pro Flasche. Allerdings werden Einsteiger beruhigt vernehmen, dass auch sehr saubere offene Weine aus Italien, Frankreich und Südafrika ausgeschenkt werden. Sowohl die weißen als auch die roten, kann man gut zu dem exotischen Essen trinken (3,50 bis 5 Euro für 0,2 l). Bevor man sich an den äthiopischen Wein „Brili Teji“ heranwagt, der in einer kugeligen Trinkkaraffe aus Glas serviert wird und hausgemacht ist, sollte man das Angebot eines Probierschlucks nicht ausschlagen. Die Geschmackskombination aus Honig und Gegorenem mag Wüstenvölker in Verzückung treiben, könnte für den westeuropäischen Gaumen im Anschluss an den biederen Chianti allerdings etwas zu herausfordernd schmecken (3 Euro).

Die Atmosphäre des Hauses ist auf jeden Fall sehr freundlich und tolerant genug, fraglos Reste zu akzeptieren.

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