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Von TISCH zu TISCH: Esswein

Saumagen mit halbflüssiger Leberwurst

Auf der Außenterrasse laden hübsche weiße Windlichter und grüne Decken noch bis in den Herbst zum Kuscheldinner ein. In der verglasten Raucherlounge bittet ein Sofa zum Chillen im Nebel, ein kleiner Nebenraum gibt die perfekte Kulisse fürs kleine Geburtstagsdinner oder die diskrete Geschäftsabsprache. Ansonsten bestimmen gut gefüllte Weinregale und Holztische die so entspannte wie gediegene Atmosphäre.

Das Restaurant Esswein am Fasanenplatz gibt sich vielseitig. Nur die Küchenrichtung ist eindeutig deutsch – pfälzisch, um exakt zu sein. Das ist angesichts der Heerscharen von Touristen, die auf der Suche nach einheimischen Spezialitäten sind, kein Fehler. Dass die Generation, die den Saumagen noch als kulinarische Kanzler-Attraktion für Staatsgäste gespeichert hat, langsam in die Jahre kommt, weil die Ära Kohl ja doch schon ein Stück weit zurückliegt, macht nichts. Deftiges erlebt derzeit einen Aufschwung, wenn es gut gemacht ist.

Gleich verfangen sich unsere Blicke in der gut sortierten Weinkarte. Da glänzt die Pfalz mit bewährten Namen wie Bassermann-Jordan, die möglichen Digestifs lassen einem schon vor dem ersten Bissen das Wasser im Munde zusammenlaufen. Wer seinen Freunden aus dem Ausland mal zeigen will, was deutsche Winzer so drauf haben, ist hier an einem sicheren Ort. Der Secco von Julius Kimmle aus Bad Bergzabern moussiert ganz zart, was in einem aparten Kontrast zum kräftigen Rosaton steht, in dem er kalt im beschlagenen Glas serviert wird (3 Euro). Der Weiße Burgunder von Dr. Wehrheim, ein 2008er Birkweiler Mandelberg, besitzt diese solide Fruchtigkeit, die kräftiger Kost elegant Paroli bieten kann (21,30 Euro). „Golden Delicious“ ist ein Geist gewordener Apfeltraum (3,50 Euro), und die Vogelbeere brennt sich mit ihrem Herbstgeschmack aufs Angenehmste auf der Zunge ein (6 Euro).

Das Sauerteigbrot kommt „aus einer Bäckerei des Vertrauens“, aber war schon ein bisschen trocken. Das Weinrahmsüppchen schmeckte gelungen, säuerlich mit dazu gut passenden Kräutern aufgepeppt (5,90 Euro). Die Rote Bete Suppe war kräftig pink, mit Sesam intelligent verfeinert (5,90 Euro).

Bei der geschmorten Lammhaxe freilich erreichte der Koch schon seine Grenzen, das Fleisch war einfach fettig und nicht zart genug, hatte auch keinen besonders eindrucksvollen Eigengeschmack. Die Beilagen, äußerst knackige grüne Bohnen und helle Röstitaler, waren allerdings gut (17,50 Euro).

Kommen wir zur Pfälzer Reise, die es dankenswerterweise als große und als kleine Portion gibt. Mir reichte die kleine völlig aus. Es gibt drei kleine rosa Scheiben Saumagen, der in dieser Portionierung nicht so Furcht einflößend aussieht, und mit seiner kräftigen Würzung erstaunlich gut schmeckt. Daneben stehen zwei kleine Gläschen, das eine gefüllt mit einer lauwarmen, halbflüssigen Leberwurst, die auf positive Weise interessant schmeckt, das andere enthält eine gebackene Blutwurst. Dazu gibt es gutes, fast weißes, trockenes Weinsauerkraut und „Chilistampf“. Diese scharfe Variante hatten wir ohne Komplikationen als Beilage statt des normalen Kartoffelpürees dazu bekommen können, damit es nicht allzu urdeutsch wurde. Das passte auch ganz gut zu der Wurst (12 Euro).

Zum Nachtisch gibt es überwiegend Schokoladiges. Die köstlichen Topfenknödel etwa waren mit Nougat gefüllt und mit Mohnbutter versehen worden. Dazu passten frische Orangenfilets und ein Kompott von Sauerkirschen (6,50 Euro). Das war ein guter Abschluss eines Essens, das sich länger als geplant hingezogen hatte. Obwohl es gar nicht voll war und dem Anschein nach auch nicht zu wenig Kellner im Einsatz waren, kam uns der Service ein bisschen unkonzentriert vor. Erst hatten sie vergessen, den Wein zu bringen, dann ließ die Rechnung auf sich warten. Kann sein, dass der Pianospieler, der von den „Streets of London“ und ähnliche Favoriten spielte, nicht nur die Gäste von ihren Gesprächen abgelenkt hat, sondern auch das Personal von seinen Aufgaben.

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