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Von TISCH zu TISCH: Hof Zwei

Meeräsche mit Kerbelpüree

Nur ein Clubsandwich? „Davon werden Sie aber nicht satt“, sagte die Kellnerin streng an jenem Abend vor einiger Zeit, als es wirklich nur ein kleiner Snack sein sollte. Artig bestellten wir noch Caesar’s Salad dazu, was sich als Fehler erwies. Denn das Sandwich (16 Euro) hatte vom Umfang und Sättigungsgrad her amerikanische Dimensionen, und wir fragten uns kurzzeitig, ob die Kellner vielleicht Provision bekommen.

Diese Frage wird dem Anspruch des Restaurants freilich ebenso wenig gerecht, wie das Unterfangen, dort in bester Hotelgastmanier einen kleinen Snack zu sich zu nehmen. Denn hier wird zurzeit mit erkennbar hohem Anspruch gekocht. Es gibt zwar in dem Berliner Flaggschiff des Unternehmens nach wie vor die Hits des Programms, das man aus den bewährten Familienrestaurants kennt, das Schweizer Rösti mit Räucherlachs und Honig-Senf-Sauce etwa (11 Euro) oder das Zürcher Geschnetzelte mit Champignons in Weißwein-Rahmsauce (20 Euro). Aber unter der Regie des 30-jährigen Oliver Marzahn, der kürzlich einen europäischen Hotelköche-Wettbewerb mit einer „Dekonstruktion vom Kalten Hund“ gewonnen hat, greift man hier zu den Sternen.

Derzeit ist mit einer „Vital und gesund“-Aktion Genuss ohne Reue angesagt. Tatar von Avocado und Gurke ist ein knusprig frisches Küchlein, das einen jede Lust auf Plätzchen vergessen lässt, eine wirklich gut schmeckende Leichtigkeit, die noch dazu elegant in Szene gesetzt ist mit Orangenfilets und Tupfern von weißem Schokoladengelee (7 Euro). Die Meeräsche war saftig und auf den Punkt gegart, auf der knusprigen Haut thronte ein Klecks Forellenkaviar. Dazu gab es Kerbelknollen und ein Kerbelpüree, das seinen Vollkorneffekt Miniaturcroutons von der Sellerie verdankte, die ihm eine abwechslungsreiche Konsistenz verliehen (19 Euro). Das Spiel von regionalen und mediterranen Elementen setzt der Koch bei den Desserts souverän fort. Den Brandenburger Braeburn Apfel würfelt er fein mit Schale zu einem Viererlei von Kompott. In der Mitte des Tellers ein Törtchen Tiramisu, ebenfalls mit Apfelwürfeln bestückt, dazu gibt es Krokant von Pistazien und Schokoladenlocken (9 Euro).

Auch die Weinkarte zeigt Flagge. So gibt es neben dem erwartbaren 2008 Fendant „Les Grenouilles“ aus dem Wallis, einer „Sélection Mövenpick“ (23 Euro), zum Beispiel auch einen Rotwein aus Kloster Pforta, einen Blauen Portugieser vom Landesweingut (27,50 Euro). Gut gefiel uns die Auswahl offener Weine, darunter ein 2009er Sauvignon Blanc von Giesen, Marlborough County mit dem für neuseeländische Weine typischen angenehmen Zitrusgeschmack ( 0,1 für 3,80 Euro) und ein schöner vollfruchtiger Spätburgunder Rosé von Heger (3,70 Euro).

An jenem Abend, als wir das Club Sandwich dort verspeisen wollten, waren viele Tische mit Männergruppen besetzt. Die hatten sich dort zur Feier des „mediterranen Freitags“ versammelt, der, wie auch der „internationale Samstag“, ein Büfett zum Festpreis von 25 Euro verspricht und offenbar beliebtes Ziel ist für all jene, die sich zwischen Gourmet und Gourmand nicht entscheiden können und am liebsten beides wollen, nämlich Nachschlag ohne Ende von exotischen Delicen wie Quittenmus, Wolfsbarschfilet und malaysischer Ingwer-Galgant-Suppe.

Da dieses Haus bei der kommenden Fashion Week erstmals als Partnerhotel auftritt, werden sich die Kellner wohl die zweite Januarhälfte auch mal auf ein Publikum mit Spatzenappetit einstellen müssen. Das Ambiente ist in jedem Fall schön. Obwohl der Raum vergleichsweise groß und hoch ist, wirkt er einladend. Das mag an den kräftigen Rottönen des Mobiliars liegen, am hübschen bunten Bodenmosaik, am ausgefeilten Beleuchtungskonzept oder auch an der gläsernen Cabriodecke, der sich Sonnenschirme entgegenstrecken. Es fühlt sich hier auch dann nicht ungemütlich an, wenn es, wie jetzt Anfang Januar, ziemlich leer ist.

Der Service ist insgesamt professionell, aufmerksam und schnell, könnte sich allenfalls noch ein bisschen intensiver mit den Gerichten auseinandersetzen, die serviert werden, um auf Fragen auch spontan antworten zu können.

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