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Von TISCH zu TISCH: Kochzimmer

Eismeerforelle auf Kartoffel-Gurkengemüse.

Auf den ersten Blick ist das, was drunten in der Spargelgegend rund um Beelitz geschieht, ganz erfreulich. Denn die großen Bauern versuchen, den Frühjahrsboom mit Hofläden und allerhand Remmidemmi zu verlängern, die Kulturheidelbeere wird auf ihren wirtschaftlichen Wert als Füller der langen Spargellücke getestet – es entsteht also aus viel Nippes und eher wenig Substanz immerhin eine kleine kulinarische Kultur, die der Region guttut.

Nur mit den Restaurants geht es nicht voran, sie sind bestenfalls bieder geblieben; die fröhliche „Landlust“ in Körzin ist schon das mit Abstand beste Haus. Gewesen, könnte man sagen, denn mit dem neuen Beelitzer „Kochzimmer“ kommt nun endlich ein wenig Bewegung in die Szene dort drunten. Es handelt sich, soweit ich das von außen erkennen kann, um das ehemalige Restaurant des Hotels „Stadt Beelitz“, wurde aber unprätentiös renoviert und unter völlig getrennte Führung gestellt – die Chance für Claudia Pollack und Jörg Frankenhäuser, die Betreiber, und ihren Küchenchef Patrick Schwatke, der schon mal bei Tim Raue in Berlin gearbeitet hat und also wissen sollte, wie Kochen geht.

Und das weiß er auch. Hier ist, sinnvollerweise, kein Raue-Ableger entstanden, sondern ein Gasthaus mit gut gemachter Landküche zu angemessenen Preisen. Die professionelle Handschrift ist spürbar, drängt sich aber nicht nach vorn, denn man versucht offenbar, auch Nachbarn und versprengten Wandersleuten ohne kulinarischen Ehrgeiz etwas anzubieten, ohne sie zu erschrecken.

Dazu gehört es, Suppen zu servieren, denn die mag so gut wie jeder. Hier beispielsweise eine kalte Tomatenessenz mit Sellerie- und Gurkenwürfeln, à la mode am Tisch angegossen, oder eine Rehkraftbrühe mit Rehravioli, beides gut gelungen, fein abgeschmeckt. Der gleiche, etwas zu dicke Nudelteig war auch um die Spargelstücke gewickelt, die gut zu den gebratenen Lauchzwiebeln passten; über den (dezenten) Hauch von Trüffelöl, der der Kreation den Beinamen „getrüffelt“ erlaubte, mag jeder nach Geschmack selbst entscheiden.

Sehr gut gelang dann das gebratene Filet von der lachsähnlichen Eismeerforelle, das auf einem hochschmatzigen Kartoffel-Gurkengemüse lag, das auch gern „Salat“ hätte heißen dürfen. Recht nett, wenn auch mit etwas zu wenig Sauce serviert: Geschmortes Wildschwein mit einem nicht unbedingt ansehnlichen, aber sehr schmackhaften Gemengsel aus Gemüsen, Pfifferlingen und etwas Serviettenknödel. „Zweierlei Ziegenkäse mit Aprikosenauszug“ war ein ganz angenehmes Mittelding aus Käsegang und Dessert, aber ich würde dann doch den Dessertteller empfehlen, der dazu noch ein Polentaflammeri mit Erdbeeren, Cassissorbet und eine Limettencreme auf gepfeffertem Ananaskompott enthielt (vier Gänge 34,50 Euro, Hauptgänge ca. 13-20 Euro).

Wollen wir das so? Gern wollen wir das so, wenngleich natürlich auch in dieser Stilistik noch Platz nach oben wäre, ohne gleich das ganze Konzept zu kippen. Skeptischen Gästen kann ich die Weinkarte ans Herz legen, die nicht nur den Umständen entsprechend sehr groß ist, sondern auch modisch und kenntnisreich zusammengestellt. Die Weine kommen aus Deutschland und Österreich, es finden sich gute Namen wie Markus Schneider, Klumpp oder Meyer-Näkel, und für so etwas Wunderbares wie den Spät- oder Grauburgunder „Hand in Hand“ von Meike Näkel und Markus Klumpp werden pro Glas (0,1 l) freundliche 4,20 oder 4,50 Euro aufgerufen, das ist viel besser, als irgendjemand im Ortskern von Beelitz erwarten würde. Bleibt der Hinweis auf die rückwärtige Terrasse, die auch für den Fall eines vorzeitig auftretenden Frühherbstes ein angenehmer Ort zum Tafeln sein sollte.

Noch ein Hinweis: Ein paar Schritte entfernt liegt „Syrings Genuss Eck“, eine Mischung aus Café und Feinkostladen, die ebenfalls mehr als einen nur flüchtigen Blick verdient.

Bilder aus dem Restaurant finden Sie im Weblog von Bernd Matthies, http://feinkost.tagesspiegel.de

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