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Europareise: Drei Amerikanerinnen in Paris

US-Präsident Barack Obama feierte am Samstag den 65. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie. Michelle Obama zeigt ihren Töchtern Malia und Sasha einige Tage die Stadt ihrer ersten Auslandsreise in der Schulzeit.

In Amerika hat die Zeit der großen Ferien begonnen. Die zwei wohl bekanntesten Schulkinder flogen am Freitag nach Paris. Kurz nach 21 Uhr standen Malia und Sasha Obama staunend neben ihrer Mutter vor dem nächtlich illuminierten Eiffelturm. Daddy konnte noch nicht dabei sein. Der ist auf Dienstreise und war wenige Minuten zuvor, aus Deutschland kommend, auf einem Pariser Airport gelandet. Auch am Wochenende sind die gemeinsamen Stunden mit ihm in Paris begrenzt.

Hauptpunkt des offiziellen Programms war für Barack Obama am Samstag die Feier zum 65. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie. Sonntag Mittag um 13 Uhr muss der Präsident nach Washington zurückfliegen. Die politische Sommerpause in den USA beginnt erst in acht Wochen. Die private Zeit erlaubt da nur gemeinsame Besuche von Notre Dame und des Centre Pompidou. Bereits diese Planung rief leichte Enttäuschung bei offiziellen Stellen hervor. Wenn der US-Präsident schon mal in Paris ist, hätten die Stadtoberen sich gerne bei mehr offiziellen Terminen mit ihm gezeigt. Die französischen Medien bejubeln auch so Michelle und ihre Kinder.

Diese drei Obamas bleiben noch einige Tage. Sasha, die Jüngere, feiert am Mittwoch in Paris ihren achten Geburtstag. Ihre Schwester Malia wird am 4. Juli, dem Nationalfeiertag der USA, elf. Nicht einmal in Amerika ist jedoch bekannt, was diese Reise für Michelle so besonders macht. Paris war das Ziel ihrer ersten Auslandsreise vor rund 30 Jahren, als sie ein Schulmädchen war. Diese prägende Erfahrung teilt sie jetzt mit ihren Töchtern. Das Weiße Haus hüllt sich dazu in Schweigen. Die Reise sei privat.

Ihr Mann hat selbst die Spur gelegt. „Sie erzählte mir von ihrer Reise nach Paris in der Highschool-Zeit“, schreibt er in seinem Buch „The Audacity of Hope“über ihr Kennenlernen im Sommer 1989. Sie hat viele Jahre Französisch gelernt. Das bestätigen Lehrer ihrer Schulen in Chicago. Ihre Bildungsgeschichte wirft ein Schlaglicht auf die Probleme, mit denen Amerikas Schulsystem heute kämpft, gerade bei Fremdsprachen.

Michelle wuchs in einer einfachen schwarzen Arbeitergegend auf, South Shore. An der achtjährigen Edward-Bouchet-Schule, zwei Blocks von ihrer Wohnung entfernt, wurde damals, in den 1970er Jahren, Französisch unterrichtet. Michelle war begabt, übersprang die zweite Klasse und lernte drei Jahre in einem Förderkurs Französisch.

„Kurz zuvor war dieser großartige Kollege Solomon Bennett zu uns gekommen, der mehrere Sprachen beherrschte“, erzählt Sandra Stewart. Sie unterrichtet seit 1974, Michelles zehntem Lebensjahr, an der Bouchet-Schule und ist eine der wenigen weißen Lehrerinnen. Heute lernen ihre Schüler keine Fremdsprache mehr, bedauert Stewart. Es sei „kein Geld da für solche Lehrer“. Die Schule ist zwar nicht mehr so überfüllt wie in Michelles Schulzeit. Damals gingen 2000 Kinder auf die Bouchet-Schule, heute sind es unter tausend. Aber die Geldzuweisungen, erklären Bildungsexperten in Chicago, hängen von den Tests für Mathematik und Lesefähigkeit ab. Das sei die Folge der „No Child Left Behind“-Reform unter George W. Bush. Darauf konzentrieren Schulleitungen die knappen Mittel. Sprachen kommen zu kurz.

Michelles Paris-Reise fiel vermutlich in ihr vorletztes oder letztes Highschool-Jahr, 1979/80 oder 1980/81. Sie besuchte die „Whitney Young High School“, eines der besten Gymnasien Chicagos. Auch dort habe sie Französisch gelernt, bestätigt die Schulleitung bei einem Besuch. Über die Paris-Reise könne sie jedoch keine Auskunft geben.

In ihren College-Jahren in Princeton lernte Michelle weiter Französisch. Ihr Bruder Craig, der ebenfalls dort studierte, erzählt gerne eine hübsche Anekdote. Michelle habe sich mehrfach beschwert, dass die Sprache nicht korrekt unterrichtet und zu wenig Wert auf Konversation gelegt werde. Ihm sei das so peinlich gewesen, dass er es der Mutter erzählte. Die habe ihm geraten: „Tu einfach so, als kennst du sie nicht.“

Wie flüssig oder wie eingerostet ist Michelles Französisch heute, nachdem sie 30 Jahre kaum Gelegenheit hatte, es zu pflegen? Dazu will das Weiße Haus nichts sagen. Sie kann es nun in Paris erproben – freilich nicht an Hotelpersonal. Die drei Amerikanerinnen wohnen in der Residenz des US-Botschafters. Für die kommenden Tage stehen Einkaufsbummel sowie Besuche im Elysée-Palast und im Louvre auf dem Privatprogramm.

Den Appell, Fremdsprachen zu lernen, hat Michelle inzwischen in ihre Reden aufgenommen. Am Mittwoch sprach sie bei der Abschlussfeier einer Highschool in Washington. „Lernt Sprachen. Das ist eine Sache, die Barack und ich beide bedauern: dass wir keine Fremdsprache beherrschen.“ Diese Auskunft war eine kleine Schwindelei. Vielleicht wollte sie jeden Hinweis auf die Paris-Reise vermeiden. Die wurde da noch wie ein Staatsgeheimnis behandelt. Aber es war eine Schwindelei für einen guten Zweck.

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