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Eurovision Song Contest: Ein bisschen siegen

Der diesjährige Eurovision Song Contest entpuppte sich für Deutschland als Super-Pleite. Nun will man hierzulande weg vom Flop - Deutschland hat Interesse an Schwedens Auswahlmodell zum Eurovision Song Contest.

Schweden ist ein kleines Land. Dennoch schneidet es beim jährlichen Eurovision Song Contest (ESC) meistens sehr gut ab. Nach dem deutschen Debakel beim Eurovision Song Contest in Belgrad ist die ARD, gebeutelt von den Flops der vergangenen Jahre, auf der Suche nach einem neuen Auswahlverfahren. Ende vergangener Woche analysierten die Verantwortlichen die jüngste Schlager-Misere. Bei der Suche nach einem neuen Modus soll es keine Denkverbote geben.

Nun könnte es zu radikalen Veränderungen kommen. Ein mögliches Modell ist das deutlich bessere Auswahlverfahren des öffentlich-rechtlichen schwedischen Fernsehsenders SVT. Sprecherin Asa Paues bestätigte dem Tagesspiegel, dass es tatsächlich Interesse seitens der ARD gebe, den Schweden das Auswahlformat abzukaufen.

Bisher hatte der zuständige NDR die Kandidaten bestimmt, aus denen die Zuschauer per Telefonwahl den deutschen Teilnehmer am internationalen Wettbewerb wählten. In Schweden ist das Vorauswahlsystem etwas ausgeklügelter. Grundsätzlich kann jedermann eine Bewerbung um einen Startplatz beim ESC- Vorauswahl-Wettbewerb einreichen. Einzige Bedingungen: Die Personen müssen schwedische Staatsbürger sein oder zumindest ihren festen Wohnsitz im Königreich haben. Das Lied muss eine Neu- Komposition sein, die vor Bewerbungseingang nirgends veröffentlicht wurde.

Die Sprache, in der gesungen wird, ist beliebig und kann vor dem Eurovision-Wettbewerb ausgetauscht werden. Allerdings sind 10 der insgesamt von der Vorauswahl ins nationale Melodiefestival zugelassenen 32 Nominierungen für schwedischsprachige Lieder reserviert. Deshalb schreiben viele ihre Songs für die Vorrunde auf Schwedisch und dann auf Englisch, um ihre Chancen zu erhöhen.

Die gesamte Flut der an den SVT eingesendeten Beiträge wird zunächst von den 25 größeren Musikverlagen des Landes geprüft. Sie schlagen der Fernsehanstalt dann die besten Beiträge vor. Die verantwortlichen Vorauswahl-Entscheider wechseln jedes Jahr und ihre Namen bleiben geheim. Auch die Zusammensetzung der SVT-Schlussjury, die dann 32 Songs für die öffentliche TV-Vorrunde auswählt, bleibt unbekannt, bis alle ausgewählten Beiträge für das „Schwedische Melodiefestival“ bekannt gegeben sind. Die Jurys bekommen als Entscheidungsgrundlage ausschließlich die Lieder – ohne jegliche Information darüber, wer sie geschrieben hat oder wer sie singt. So vermeidet man, sich von vornherein auf bekannte Namen zu versteifen.

Dann beginnt in vier Einzelwettbewerben, in denen jeweils acht Beiträge gegeneinander antreten, das Melodiefestival vor den Fernsehschirmen der gesamten Nation. In jedem dieser Wettbewerbe werden zwei Beiträge über Zuschaueranrufe für das Finale ausgewählt. Die Beiträge, die auf Platz drei und vier landen, bekommen eine zweite Chance. Auf einer fünften TV-Veranstaltung treten sie gegeneinander an, und zwei von ihnen dürfen dann nach Zuschauerwahl ins Finale. Dort wird aus den zehn Beiträgen der Sieger, der das Königreich letztlich beim Eurovision Song Contest vertreten darf, durch Zuschauerstimmen und eine 11-köpfige Jury ausgewählt. Neben dem ausgeklügelten Auswahlsystem der entscheidende Vorteil des Landes: Melodiefestival wie auch Eurovision Song Contest sind in nahezu allen schwedischen Bildungsschichten und Altersgruppen unglaublich populär.

André Anwar[Stockholm]

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