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Fährt doch nicht zum ESC: Der umstrittene Soulsänger Xavier Naidoo.

© dpa

Eurovision Song Contest: NDR sagt Xavier Naidoo ab, der nimmt's gelassen

Xavier Naidoo fährt doch nicht für Deutschland zum Eurovision Song Contest nach Stockholm. Nach massiver Kritik macht der NDR nun einen Rückzieher - aber verteidigt den Sänger.

Nun also doch, oder besser: doch nicht. Die Kirche bleibt im Dorf und Xavier Naidoo in seinem zweiten Jerusalem Mannheim, wie er seine Heimatstadt gelegentlich bezeichnet. Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) hat am Sonnabend auf den seit Donnerstag in den sozialen Netzwerken schwelenden Proteststurm reagiert und schickt den Soulsänger im kommenden Jahr nicht zum Eurovision Song Contest (ESC) nach Stockholm.

Der ESC sei ein fröhlicher Event, bei dem Musik und Völkerverständigung im Mittelpunkt stünden, sagte Thomas Schreiber, der Unterhaltungskoordinator der ARD. „Dieser Charakter muss unbedingt erhalten bleiben. Die laufenden Diskussionen könnten dem ESC ernsthaft schaden. Aus diesem Grund wird Xavier Naidoo nicht für Deutschland starten.“

Sofort nach der Donnerstag verkündeten Entscheidung der ARD, Naidoo konkurrenzlos – also ohne den sonst üblichen Vorentscheid – für Deutschland ins Rennen zu schicken, setzte darüber die Diskussion ein. Im Internet liefen mehrere Petitionen gegen die ARD-Pläne.

Mit einigen als homophob interpretierten Liedtexten und politischen Äußerungen löste Naidoo immer wieder Kontroversen aus, etwa, als er am Tag der Deutschen Einheit 2014 vor den rechtspopulistischen Reichsbürgern sprach, die Deutschland nicht als souveränen Staat anerkennen. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) bezeichnete die Nominierung als „äußerst kritisch“. Auch von vielen Politikern kamen deutlich ablehnende Reaktionen.

Die Wucht der Reaktionen überraschte die ARD

Die Schärfe der Debatte hat die sonst so auf Konsens bedachte ARD erstaunlicherweise kalt erwischt, wie Schreiber unterdessen bekannte: „Xavier Naidoo ist ein herausragender Sänger, der nach meiner Überzeugung weder Rassist noch homophob ist. Es war klar, dass er polarisiert, aber die Wucht der Reaktionen hat uns überrascht.“

Ursprünglich hatte die ARD die Naidos Direktnominierung damit begründet, dass es sich bei dem 44 Jahre alten Sänger, der seit 20 Jahren die herausragende Stimme des deutschen Souls ist, um einen Ausnahmekünstler handele. Danach sollten die Zuschauer im Februar in der Show „Unser Song für Xavier“ nur noch darüber entscheiden können, mit welchem Titel der Sänger zum ESC fahren sollte.

Nun fährt er gar nicht, was Xavier Naidoo, der sich in den vergangenen Tagen als Freund aller Menschen präsentierte, erneut davon überzeugen dürfte, ein notorisch unverstandener Künstler zu sein. Er setze sich seit je her für Meinungsfreiheit und Toleranz ein, hatte er, wie berichtet, erklärt. Keiner, der ihn kenne, habe ihm „jemals auch nur annähernd das Gegenteil vorgeworfen“. Er sei froh, in einem „bunten“ Deutschland zu leben, „mit einer Vielfalt an Lebensentwürfen und Religionen“. Auch teile er die Auffassungen der rechtspopulistischen „Reichsbürger“ nicht.

Dumm nur, dass das erste Interview, das der Sänger nach der Aufregung über seinen dortigen Auftritt und einem darauffolgenden Abtauchen gab, ausgerechnet im als rechtspopulistischen geltenden Magazin „Compact“ erschien. Gleichzeitig hat er sich aber auch bei antirassistischen Musikprojekten wie „Brothers Keepers“ und bei „Rock gegen rechts“ engagiert. Kurzum: Der gläubige Christ Xavier Naidoo liefert ein schillerndes, durch Soul-typisches Sendungsbewusstsein nur noch verstärktes weltanschauliches Bild.

Naidoo sagt, die Entscheidung sei für ihn okay

Noch am Samstag hatte sich der Konzertveranstalter Marek Lieberberg („Rock am Ring“) hinter ihn gestellt. Er sei zutiefst erschüttert über die unglaubliche Hetze und den blinden Hass gegen Naidoo. In mehr als 20 Jahren habe er nie das Gefühl gehabt, dass bei Naidoo „auch nur der Hauch eines antisemitischen, rassistischen, xenophobischen oder nationalistischen Sentiments existiert“.

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Politiker wie der Grüne Volker Beck begrüßten den Rückzug der Nominierung. Xavier Naidoo selbst zeigte sich nach der Absage seiner ESC-Teilnahme gelassen: „Meine Leidenschaft für die Musik und mein Einsatz für Liebe, Freiheit, Toleranz und Miteinander wird hierdurch nicht gebremst.“ Er machte in einer Erklärung klar, dass der Entschluss, ihn nicht für Deutschland beim ESC singen zu lassen, einseitig von der ARD gefasst worden sei. „Das ist o. k. für mich.“ Der Vorschlag, ihn zu nominieren, sei vor ein paar Monaten ganz allein von der ARD gekommen. „Ich habe nach reichlicher Überlegung schließlich zugesagt, weil dieser Wettbewerb ein ganz besonderes Ereignis für mich gewesen wäre.“

Nach Angaben von ARD-Unterhaltungskoordinator Schreiber soll nun so schnell wie möglich entschieden werden, wie der deutsche Beitrag für Stockholm gefunden wird. Der ESC findet im Mai 2016 statt. (mit dpa/epd)

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