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Verbraucherschützer kritisieren den mangelnden Datenschutz bei Facebook.

© dpa

Facebook-Ausfall: Zweikommafünf Stunden Muße

Facebook-Ausfall: Ein mehrstündiger Ausfall des sozialen Netzwerks erinnerte 500 Millionen Nutzer an ein Leben, wie es mal war.

Queen Elizabeth II.

ist „bedürftig“, meint ihre königliche Verwaltung: Wegen steigender Heizkosten für den Buckingham Palast und Windsor Castle bat sie um staatliche Beihilfe aus einem Fonds für Krankenhäuser, Schulen und Sozialwohnungen, aus dem Heizungen energiesparend umgerüstet werden sollen. 15 Millionen Pfund pro Jahr zum Unterhalt der Paläste seien nicht ausreichend. Die Regierung lehnte nach reiflicher Überlegung per E-Mail ab: „Wir sind ein wenig besorgt über das Medienecho“, stand

darin. Tsp

Die Meldung hat es in alle Online-Nachrichtenportale, viele Zeitungen und sogar ins Fernsehen geschafft: Facebook war am Donnerstagabend über zwei Stunden nicht zu erreichen. „Na und?“ fragten diejenigen, die bei dem sozialen Netzwerk nicht registriert sind oder am Donnerstagabend schlicht anderes zu tun hatten, als sich auf der Seite einzuloggen.

Doch die hohen und stetig wachsenden Nutzerzahlen – bis zu 500 Millionen Menschen sind weltweit auf Facebook aktiv, viele loggen sich mindestens einmal am Tag ein – bringen eine große Zahl Betroffener und damit die nötige Aufregung und Aufmerksamkeit mit sich. Und die Frage, ob das Netzwerk eventuell an seine Grenzen gestoßen sei oder ob es länger ausfallen könnte, blieb zunächst ungeklärt.

„Diese starken Reaktionen zeigen, wie selbstverständlich diese Netzwerke inzwischen für das Privatleben sind“ , sagt Friedrich Hesse, Sozial- und Medienpsychologe an der Uni Tübingen. Gerade weil über Facebook vor allem private Nachrichten oder Fotos geteilt würden, sei die emotionale Bindung hoch. Facebook sei unter den sozialen Netzwerken das Leitmedium. „Wenn es plötzlich für einige Stunden fehlt, dann wird seine Bedeutung den Leuten stark bewusst.“

In den vergangenen Jahren sind unzählige Studien erschienen, wie soziale Netzwerke das Privatleben beeinflussen. Die Menschen flirten nun angeblich anders, müssen wegen Party-Bildchen um Anstellungen fürchten und haben vielfach mehr „Freunde“ online, als sie im echten Leben je zu Gesicht bekommen – kurz: viele können sich ein Leben rein offline nicht mehr vorstellen. Wer es im Selbstversuch eine Zeit lang ohne moderne Kommunikationsmittel aushält, schreibt ein Buch darüber, das in Bestsellerlisten landet. Ratgeber empfehlen, wie man sich in der digitalen Welt und den sozialen Netzwerken am besten bewegt und wie man ihnen bei Bedarf auch mal wieder entkommt.

Denn abzuschalten fällt häufig gar nicht so leicht: „Es ist bei den meisten Nutzern keine Sucht – aber doch eine starke Gewohnheit“, sagt Medienpsychologe Hesse. „Sie fallen in ein kleines Loch, wenn so etwas passiert. Bei wenigen Stunden ist es natürlich nicht so dramatisch.“

Welche Auswirkungen ein längerer Facebook-Entzug haben kann, das hat eine Studie in der Schweiz vor einigen Monaten gezeigt. Die Werbeagentur Rod kaufte 50 „Stark-Nutzern“ zwischen 17 und 52 Jahren, die sich pro Tag mindestens einmal bis mehrmals einloggten, für einen Monat ihr Facebook-Passwort ab. Die nicht repräsentative Studie ergab dabei, dass vor allem der ohne Facebook mangelnde Gesprächsstoff den Probanden zu schaffen machte. Sie beschrieben „ein Gefühl des Abgeschottetseins“ und „Kontrollverlust“, weil sie auf mögliche Nachrichten nicht antworten konnten. Manche sprachen gar von feuchten Händen und Verlustängsten.

Allerdings brachte das Experiment auch Gutes: Die Studienteilnehmer berichteten nach dem Testmonat von gesteigerter Konzentrationsfähigkeit, einem bedeutenden Zeitgewinn und einer größeren Gelassenheit, einer „neuen“ Art innerer Ruhe.

Von der Sehnsucht nach Ruhe sprachen auch einige Facebook-Nutzer während des Ausfalls und suchten sich Alternativen. Das können Internetnutzer auch ohne wissenschaftliche Studien verfolgen, weil die Suchenden es direkt online über den Kurznachrichtendienst Twitter vermeldeten. Beispielsweise schrieb „Pirat_in_lg“: „Facebook geht nicht. Holt die Würfel-, Karten- und Brettspiele raus, endlich wieder Zeit zum Spielen. Oder Kinder zeugen, je nachdem“. Der technische Fehler bei Facebook war am Freitag behoben.

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