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Fahndungsplakat

© dpa

Fahndung: 14.000 Speichelproben, ein Treffer

Monatelange Ermittlungen blieben erfolglos. Dann die Erleichterung: Sachsens Polizei fasst mit dem größten DNA-Test der deutschen Kriminalgeschichte einen Vergewaltiger.

Es war eine Fahndung, die es so in Deutschland noch nie gegeben hatte. Auf der Jagd nach einem Sexualstraftäter hatte die Polizei in Sachsen vor zwei Jahren den größten Massen-DNA-Test in der deutschen Kriminalgeschichte begonnen. Am Mittwoch nun erklärten die Fahnder in Dresden, der immense Aufwand habe sich gelohnt. „Wir sind froh und erleichtert“, sagte der Chef des Landeskriminalamtes, Paul Scholz. „Wir haben ihn.“ Nur ein paar Stunden zuvor hatten sie einen 33-Jährigen als mutmaßlichen Kinderschänder festgenommen.

Sein genetischer Fingerabdruck habe eine vollständige Übereinstimmung mit den an den beiden Opfern hinterlassenen DNA-Spuren, teilten Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt mit. Der Mann legte ein Geständnis ab. Dem Lastwagenfahrer aus Dresden wird vorgeworfen, im September 2005 ein neunjähriges Mädchen vergewaltigt und im Januar eine Elfjährige sexuell schwer missbraucht zu haben. Der Täter hatte beide Opfer nach bisherigen Ermittlungen in seinen Wagen gezerrt. Die Verbrechen hatten nicht nur in Dresden für große Verunsicherung und Angst gesorgt. Der Täter war mit großer Brutalität vorgegangen. Die schwer verletzten Opfer hatte er auf einem Parkplatz und unter einer Autobahnbrücke ausgesetzt.

Weil die Polizei trotz aufwendiger Fahndung auch nach monatelangen Ermittlungen keine heiße Spur hatte und weil befürchtet wurde, der Täter könnte ein weiteres Mal zuschlagen, setzten die Fahnder auf den DNA-Reihentest. Für Schlagzeilen sorgte der Fall, weil anders als in der Vergangenheit nicht ein paar hundert Personen in einem überschaubaren Gebiet um die Abgabe einer Speichelprobe gebeten werden sollten, sondern bis zu 100 000 Männer in einer deutschen Großstadt. Tatsächlich mussten am Ende ganz so viele Speichelproben nicht ausgewertet werden. Insgesamt wurden aber immerhin noch rund 14 000 Speichelproben von Männern zwischen 25 und 45 Jahren genommen. Die Polizei war sich von Anfang an sicher, dass der Täter aus der Region stammt. Die Aussagen der Opfer deuteten darauf hin, dass ihr Peiniger über gute Ortskenntnisse verfügte. Mit Hilfe der Speichelproben versuchten die Kriminalisten den Kreis um den Täter immer enger zu ziehen.

So wurden zunächst einschlägig Vorbestrafte aufgesucht. Später kamen die Männer aus dem Dresdner Vorort Coswig sowie dem Stadtteil Hellerau hinzu. Dort waren die Mädchen verschleppt worden. Zuletzt wollte die Polizei jene Männer einladen, die früher einmal in Hellerau gewohnt haben. In dieser Gruppe befand sich auch der nun Festgenommene Carsten D. Der als unauffällig beschriebene Mann sollte ursprünglich Ende Mai mit den anderen eine Probe abgeben. Weil sein Auto zumindest Ähnlichkeit hat mit dem von den Opfern beschriebenen Tatfahrzeug, einem silberfarbenem Kombi, wurden die Ermittler aufmerksam und suchten ihn noch vor dem Termin auf.

Dem Massen-DNA-Test hatte ein Gericht seinen Segen gegeben. Um Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, arbeiteten die Ermittler eng mit dem Landesdatenschutzbeauftragten zusammen. Skeptikern wurde immer wieder versichert, dass das Material später wie vorgeschrieben vernichtet werden würde. „Es kommt alles in die Tonne“, hieß es jetzt auch bei der Staatsanwaltschaft. „Der Massentest ist beendet.“

Lars Rischke

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