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Fall Artjom: Russland will Adoptionen erschweren

Ein in die USA adoptierter russischer Junge, der postwendend allein im Flugzeug wieder in seine alte Heimat zurückgeschickt wird - das kann Russland nicht auf sich sitzen lassen.

Moskau/Berlin - Der Fall Artjom, oder Justin, wie er in den USA hieß, hat die Geduld Russlands aufs Äußerste strapaziert. Daran lässt der russische Außenminister Sergej Lawrow keinen Zweifel. Ein in die USA adoptierter russischer Junge, der wie ein Paket postwendend und allein im Flugzeug wieder in seine alte Heimat zurückgeschickt wird, nachdem er seiner neuen amerikanischen Familie zu sehr zugesetzt hatte, das kann Russland nicht auf sich sitzen lassen. Nach dem Vorfall vom vergangenen Donnerstag will Moskau deshalb jetzt Adoptionen russischer Kinder durch US-Bürger vorerst einfrieren.

Bevor ein russisches Kind je wieder das Land in Richtung USA verlässt, darauf besteht Moskau, muss ein zwischenstaatliches Abkommen her, das die Verpflichtungen von Adoptiveltern peinlich genau regelt. Moskau, so Außenminister Lawrow, bemühe sich seit langem um ein derartiges Abkommen. Denn Artjom ist nicht der erste Fall, der für Schlagzeilen sorgte. Bereits mehrfach hatten Medien von russischen Kindern berichtet, die nach ihrer Adoption in den USA schwer misshandelt wurden, es gab sogar Todesfälle. Moskau, sagte Präsident Dmitri Medwedew in einem Interview mit einem amerikanischen TV-Sender, könnte weitere Adoptionen in die USA verbieten.

Schärfe Auflagen, strengere Gesetze und gründlichere Prüfungen könnten die Folgen sein. Auch für adoptionswillige Paare in europäischen Staaten. Deutsche Adoptionsagenturen, die Kinder aus Russland vermitteln, sehen auf jeden Fall härtere Zeiten für potenzielle Adoptiveltern hierzulande kommen; wie etwa Valentin Sorg, Vize-Vorsitzender der staatlich anerkannten Vermittlungsagentur „Zukunft für Kinder“. „Solche Vorkommnisse ziehen immer Folgen nach sich: mehr Bürokratie, härtere Auflagen, mehr Anforderungen an die Adoptiveltern“, sagt Sorg. Schließlich wolle der russische Staat die Kinder schützen. Deshalb, so befürchtet er, würden jetzt die Gesetze strenger gefasst. Aber nicht nur die politische Ebene werde reagieren. Auch in den russischen Richterbeschlüssen, die für eine Adoption nötig sind, werde man in Zukunft wohl „strengere Auflagen“ finden.

Die Agentur „Global Adoption Germany“ sieht sogar jetzt schon direkte Auswirkungen des Falls Artjom in Deutschland. Deutsch-amerikanische Ehepaare, sagt der Vorsitzende des Trägervereins Stefan Duenschede, seien vom Stopp gleichfalls betroffen. Und auch er geht davon aus, dass die jährlich 200 bis 300 Adoptionen russischer Kinder nach Deutschland komplizierter werden. Eigentlich seien Deutsche zwar gut gelitten. „Aber künftig werden wohl noch mehr Gutachten und noch mehr Überprüfungen gefordert.“ Möglicherweise würden auch die staatlichen Auflagen von deutscher Seite noch verschärft. Eine verunglückte Adoption wie im Fall Artjom schade auf jeden Fall allen Seiten.

Auch den vielen Kindern in den russischen Heimen.

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