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Maddy

© dpa

Fall Maddy: Pleiten, Pech und Pannen bei der Polizei

Kaum sind die 30.000 Seiten dicken Ermittlungsakten im Fall Madeleine freigeben, ist die Empörung groß: Die Polizei hat wichtige Details zurückgehalten. Etwa, dass das Mädchen kurz nach seinem mysteriösem Verschwinden aus einer portugiesischen Ferienanlage in Amsterdam gesehen wurde.

Die Schlagzeilen britischer Zeitungen schienen am Mittwoch aus derselben Feder zu stammen: "Meine Name ist Maddy", titelten der "Daily Mirror", die "Sun", die "Daily Mail" und andere übereinstimmend groß und aufgeregt. Es folgten Berichte über derart enorme Ungereimtheiten in den portugiesischen Polizeiakten zur monatelangen vergeblichen Suche nach der kleinen Madeleine, dass wohl auch die Überschrift "Pleiten, Pech und Pannen!" gepasst hätte.

Für die größte Aufregung sorgte die Entdeckung einer bislang nicht nur der Öffentlichkeit, sondern selbst den Eltern des Mädchens unbekannten, aber möglicherweise besonders wichtigen Zeugenaussage. Nur drei Tage nach dem Verschwinden der knapp vierjährigen Maddy am 3. Mai 2007 soll ein kleines Mädchen, das ihr äußerst ähnlich gewesen sei, eine Verkäuferin in Amsterdam um Hilfe gebeten haben.

“Die haben mich aus den Ferien weggeholt“

In akzentfreiem Englisch soll die Kleine der 41-jährigen Verkäuferin Ana Stam in einem Partygeschäft im Südwesten der niederländischen Hauptstadt gesagt haben "My name is Maddy". Dann habe das Kind nach seiner Mutter gefragt und als Ana Stam erklärte, die befinde sich doch mit im Laden, soll das Kind erwidert haben: "Das ist eine Fremde. Die haben mich von meiner Mama weggenommen. Die haben mich aus den Ferien weggeholt."

Rund 30.000 Seiten umfassen die am Montag freigegebenen Akten der größten und teuersten Ermittlungen in der portugiesischen Polizeigeschichte. Wie es nun aussieht, bergen sie so viel Zündstoff, dass der Fall Madeleine die Gemüter noch monatelang bewegen könnte.

Beweismittel wurden zurückgehalten

Die Eltern Madeleines, die Ärzte Kate und Gerry McCann, erheben nun schwere Vorwürfe gegen die Ermittler. Sie hätten in den ersten Wochen nach dem Verschwinden Madeleines aus der Ferienwohnung der McCanns in der Algarve Beweismittel für sich behalten, die möglicherweise entscheidend für die Suche nach dem Kind gewesen wären.

Könnte Schlamperei der Grund gewesen sein, Unfähigkeit oder gar Absicht? Eine Antwort darauf bleibt der Sprecher der McCanns, der im Umgang mit den Medien erfahrene Fernsehjournalist Clarence Mitchell, schuldig. "Tragisch" und "unbeschreiblich frustrierend" nennt er, dass die Eltern von Maddy erst jetzt, 15 Monate nach ihrem Verschwinden, in den freigegebenen Akten auf viele ihnen bislang unbekannte Informationen aufmerksam werden.

Nur eine von etlichen Spuren

Das Geschäft "Ballonnerie De Ballondrukkerij" am Middenweg 40 in Amsterdam, dessen Verkäuferin am 18. Juni beteuerte, das Mädchen in ihrem Laden habe "sehr stark wie Madeleine" ausgesehen, ist dabei nur eine von etlichen Spuren, die nun Privatdetektive der McCanns verfolgen. Die Ermittler, die aus Spendengeldern bezahlt werden, verfügen nun endlich auch über zwei "e-fits" - mit Hilfe von Digitaltechnik erstellten Porträts - von Verdächtigen.

Angefertigt wurden sie damals nach genauen Angaben britischer Urlauber über zwei Männer, die angeblich auf verdächtige Weise um die Ferienanlage in Praia da Luz herumgeschlichen waren, aus der Madeleine verschwand. Es mutet schon bizarr an, dass diese Bilder damals - als die McCanns die halbe Welt mit Hilfsappellen und sogar einem Besuch beim Papst für die Suche nach ihrer Tochter und sowie mutmaßlichen Entführern mobilisiert hatten - nicht zur Veröffentlichung freigegeben wurden.

Rätselhaft erscheint auch, dass die Polizei Videoaufnahmen von einem Mädchen an der Seite einer Frau verschwieg, die eine Überwachungskamera einen Tag nach dem Verschwinden Madeleines in einem Geschäft im Algarve-Ort Albufeira einfing. Könnte es dieselbe Frau gewesen, die kurz darauf mit einem Mädchen, das sich Maddy genannt haben soll, in Amsterdam auftauchte? "Kate und Gerry wurden auch diese Bilder nicht gezeigt", sagt ihr Sprecher. "Hat man diese Spuren gründlich verfolgt und als falsch ausgeschlossen? Wir wissen es einfach nicht."

Thomas Burmeister[dpa]

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