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Marco W.

© dpa

Fall Marco: Alles schweigt

Eine Woche vor dem Gerichtstermin im Fall des in der Türkei inhaftierten Marco sind Familie und türkische Justiz um Ruhe bemüht.

Eine Woche vor dem Gerichtstermin im Fall des in der Türkei inhaftierten Marco sind Familie und türkische Justiz um Ruhe bemüht. Die Familie des 17-Jährigen aus dem niedersächsischen Uelzen wollte sich bis zur Verhandlung nicht mehr öffentlich äußern. Man hoffe auf eine faire Lösung und vertraue auf die türkische Justiz, hieß es. Das Gericht im türkischen Antalya hatte bereits am Donnerstag eine Nachrichtensperre für das Verfahren gegen den jugendlichen Deutschen verhängt. Diese war beim türkischen Presserat auf harsche Kritik gestoßen. Marco sitzt seit elf Wochen in Antalya in Untersuchungshaft, weil er eine 13-jährige Britin sexuell missbraucht haben soll.

Der türkische Presserat bezeichnete die Nachrichtensperre als "unrealistisch und undemokratisch". Der Nachrichtenfluss könne dadurch nicht unterbunden werden, erklärte der Vizepräsident des Presserates, Dogan Heper. Die auf Antrag des Generalstaatsanwalts von Antalya verhängte Nachrichtensperre hatte das Gericht damit begründet, dass die Rechte von Minderjährigen geschützt werden müssten.

Fernsehteams packen Kameras ein

Das Essener Zentrum für Türkeistudien (ZfT) nannte die Nachrichtensperre inakzeptabel. "Dies ist eine nicht zu rechtfertigende Beschränkung der Informationsfreiheit", kritisierte ZfT-Direktor Faruk Sen. Er sagte zudem, es sei ebenso wenig Sache der türkischen Justiz, die politischen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei zu kommentieren wie es Aufgabe der deutschen Politik sei, sich in die Arbeit der türkischen Gerichte einzumischen.

Die deutschen Fernsehteams, die seit mehreren Tagen live berichtet hatten, packten am Freitag ihre Kameras ein, nachdem ihnen der Gerichtsbeschluss übermittelt worden war. Wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, wollten sich die Teams auf
einem Platz im Stadtzentrum postieren, was ihnen allerdings auch nicht erlaubt worden sei. Schließlich hätten sie sich auf einen Privatparkplatz begeben.

Verheugen: "Haftbedingungen nicht gerechtfertigt"

Unterdessen kritisierte EU-Industriekommissar Günther Verheugen (SPD) den Umgang der Türkei mit dem inhaftierten Marco. Im Bayerischen Rundfunk sagte Verheugen, dass die Türkei zwar nach einem neuen Strafrecht handele, das auf Verlangen der EU auch in den meisten europäischen Ländern bestehe. Dieses könne Brüssel der Türkei schlecht vorwerfen, wohl aber die Umstände von Marcos Inhaftierung. "Die andere Seite ist, dass man einen Minderjährigen nicht solchen Bedingungen aussetzen kann und dass es wohl - so wie die Dinge liegen - nicht gerechtfertigt ist, den jungen Mann in Haft zu halten", sagte Verheugen.

Während eines Türkeiurlaubs in den Osterferien hatten sich Marco und die junge Britin in einer Disco kennen gelernt und waren abends im Hotelzimmer der 13-Jährigen gelandet. Während Marco von gemeinsamen Zärtlichkeiten spricht, wirft die Engländerin ihm sexuelle Belästigung vor. Die Mutter der 13-Jährigen erstattete Anzeige, und Marco kam ins Gefängnis. (mit dpa)

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