zum Hauptinhalt
Uli Hoeneß.

© dpa

Fall Uli Hoeneß: Wie die Banken Hoeneß halfen und wie Anleger daraus lernen können

Ex-FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß konnte bei seiner Börsenspekulation anfänglich nur deshalb erfolgreich sein, weil die Schweizer Banken ihm eine entscheidende Vorgabe machten. Normale Anleger können das kopieren, ohne dass ihnen eine Bank hilft.

Von Andreas Oswald

Uli Hoeneß, Ex-Präsident des FC Bayern, bekam bei seinen in den ersten Jahren erfolgreichen Börsenspekulationen, wie jetzt bekannt wurde, eine ganz bestimmte Vorgabe der Schweizer Banken, die entscheidend dafür war, dass er extreme Profite machen konnte. Normale Anleger können sich an eine solche Vorgabe halten, ohne auf eine Bank angewiesen zu sein. Die folgenden Ausführungen stellen keine Anlageberatung dar. Vor allem muss an dieser Stelle ausdrücklich davor gewarnt werden, ohne ausreichende Vorkenntnisse spekulative Geschäfte zu tätigen. Die folgenden Ausführungen zeigen am Beispiel von Uli Hoeneß, wie man sich auch als normaler Anleger vor Verlusten schützen und Gewinne sichern kann.

Wie man sich vor Verlusten schützt und Gewinne sichert

Wie die "Zeit" berichtet, hat Uli Hoeneß für seine Spekulationsgeschäfte nicht nur eine Schweizer Bank - Vontobel - in Anspruch genommen, sondern mehrere, damit er rund um die Uhr traden konnte. Vontobel hatte dafür keine ausreichenden Kapazitäten. Wie die "Zeit" weiter berichtet, haben die Banken Uli Hoeneß jeden Tag ein neues Limit gesetzt, wie viel Geld er einsetzen durfte. Diese unscheinbare Information beinhaltet einen der wichtigsten Schlüssel dafür, ob ein Börsenhandler - ein Trader, wie Experten sagen - erfolgreich ist oder nicht.

Das Risiko begrenzen

Egal, nach welchen Prinzipien oder Regeln der Trader vorgeht, es gibt eine übergeordnete Überlegung, die anzustellen sich lohnen könnte: Wie viel meines Handelskontos setze ich bei jedem einzelnen Trade ein? Um die Bedeutung dieser Frage zu verdeutlichen, hilft ein Experiment, das schon oft durchgeführt wurde. Man stelle sich vor, 100 Personen werfen Münzen. Ihr Gegenüber ist jeweils die Bank. Jeder hat 100 einzelne Euros. Jeder darf selber bestimmen, ob er Kopf oder Zahl haben möchte. Außerdem darf er selber bestimmen, wieviel seiner Euros er bei einem Wurf einsetzen will. Zehn Euro? 20 Euro? Er darf würfeln, so oft er will. Wenn er verliert, verliert er seinen Einsatz. Wenn er gewinnt, zahlt ihm die Bank das Doppelte. Ein Superdeal. Mathematisch ist die Sache klar: Die Mitspieler können eigentlich nur gewinnen. Tun sie aber nicht. Sie gehen fast alle pleite. Warum?

Warum der Mensch dazu tendiert zu verlieren, und wie er das verhindern kann

Wenn eine Münze zehntausendmal geworfen wird, wird sie etwa fünftausendmal Zahl und etwa fünftausendmal Kopf zeigen. Die Zufallsverteilung ist nahe 50:50. Das heißt aber nicht, dass jedesmal nach einer Zahl Kopf erscheint. Und es heißt nicht, dass von zehn Würfen immer fünf Würfe Zahl zeigen. Es kann sein, dass drei Mal hintereinander Kopf erscheint. Oder fünf Mal hintereinander. Das passiert sogar ziemlich oft. Auf lange Sicht ist es sogar sicher, dass es irgendwann eine Serie gibt, in der Kopf zehn Mal hintereinander geworfen wird. Und 20 Mal.

Nehmen wir einmal an, ein Spieler setzt zehn Prozent. Dann ist die Frage der Pleite nur eine Frage der Zeit. Auch wenn er vorher sein Kapital verhundertfacht hat. Ein Einsatz von zehn Prozent des Kapitals führt irgendwann zwangsläufig in die Pleite.

Warum die Verlustangst zu noch höheren Verlusten führt

Der Mensch hat eine Tendenz, Verluste vermeiden zu wollen. Er will sie auf keinen Fall akzeptieren. Zum Thema Verlustaversion und andere Gründe, warum der Mensch zu Verlusten neigt, obwohl er genau das nicht will, gibt es viele dicke Bücher. Verliert er seinen Einsatz, will er ihn auf jeden Fall zurückhaben. Was liegt da näher, als beim nächsten Mal den Einsatz zu verdoppeln? Eine solche Strategie verkürzt enorm den schmerzhaften Weg in die Pleite. Man stelle sich vor: Einsatz zehn Prozent, zehn Euro. Bei einem Verlust sind es beim nächsten Mal 20 Euro. Bei einem erneuten Verlust 40 Euro. Beim nächsten Verlust sind nur noch 30 übrig, eine Verdoppelung ist gar nicht mehr möglich.

Ein Prozent als Maximum

Es gibt Leute, die versuchen es mit einem Einsatz von fünf Prozent. Sie halten länger durch. Vor allem, wenn sie auf die tödliche Verdoppelungsstrategie verzichten. Es gibt Leute, die versuchen es mit zwei Prozent. Die bleiben noch länger im Spiel. In der einschlägigen Literatur hat sich durchgesetzt, dass Trader nicht mehr als ein Prozent ihres Handelskontos bei einem einzelnen Trade einsetzen sollten. Wer zehnmal hintereinander ein Prozent verliert, hat immer noch mehr als 90 Prozent übrig, wenn er sich diszipliniert an diese Regel hält und bei Verlust auf keinen Fall den Einsatz erhöht. Vielleicht ist sogar ein Prozent noch zuviel. Der US-Experte Van K. Tharp hat einmal in seinem Standardwerk "Definitive Guide to Position Sizing Strategies" ausgeführt, je kleiner der Einsatz sei, umso größer sei die Chance, dass der Trader mit seinem eigentlichen inhaltlichen Handelskonzept am Ende erfolgreich ist. (Auf deutsch gibt es von dem Autor unter anderem den Titel "Clever traden mit System 2.0", das eine Einführung in einfache Handelssystematiken bietet.)

Was können verschiedene normale Anlegertypen daraus lernen?

Anleger, die öfter mal eine Aktie kaufen und wenig später wieder verkaufen, könnten darüber nachdenken, ihren Einsatz zu reduzieren, um das Einzelrisiko zu senken. Sie könnten sich auch über die Themen Disziplin und Geduld Gedanken machen und beobachten, wie sie selber innerlich auf Verluste reagieren und wie groß ihr Wunsch ist, anschließend ihr Risiko zu erhöhen.

Wie aber lassen sich diese Erkenntnisse auf die Situation eines Anlegers übertragen, der nicht viel handelt, sondern ganz normal jeden Monat einen Betrag spart, um im Alter ein zusätzliches finanzielles Sicherheitspolster zu haben? Trading, wie Uli Hoeneß es betrieben hat, kommt nicht in Frage, das ist viel zu riskant und außerdem viel zu aufwändig. Ein Thema könnte sein, sich zu überlegen, wie groß der Anteil am Ersparten sein soll, der sicher auf dem Konto liegt, und wie hoch der Anteil sein könnte, der riskanter angelegt wird, damit die Rendite höher ist. Eine Möglichkeit hierfür ist Produktivkapital in Form von Aktien. Obwohl Aktien langfristig immer gestiegen sind und Dividendenerträge generieren, können zwischenzeitlich erhebliche Kursverluste eintreten. Einbrüche von 50 Prozent und mehr sind nicht nur möglich, sondern sicher. Der Anleger kann sich fragen, wieviel zwischenzeitlichen Verlust er ertragen kann, ohne in Panik zu verfallen. Entsprechend niedrig ist der Aktienanteil am Ersparten. Kann er verkraften, dass sein Konto vorübergehend um zehn Prozent sinkt? Dann könnte er den Aktienanteil auf 20 Prozent festlegen.

Wirtschaftsprofessor Andreas Hackethal erklärt Sparern anschaulich und einfach, wie sie vorgehen können

Über das Grundprinzip, mit dem der Anleger das Risiko begrenzen und gleichzeitig mit einer risikoreicheren Anlageklasse die Rendite erhöhen kann, hat der Frankfurter Wirtschaftsprofessor Andreas Hackethal einfach und anschaulich eine Videoserie ins Netz gestellt, mit elf dreiminütigen Beiträgen. Titel: "Deutschland lernt sparen". Sie können sich die Serie in seinem Blog anschauen. Sehen Sie im Folgenden einen Teil daraus hier:

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Wie das Problem des Risikos von Einzelaktien gelöst werden kann

Aber wie sieht es mit einzelnen Aktien aus? Das Vorgehen von Tradern, die mit Hilfe von Verlust-Stopp-Kursen ihr Risiko auf ein Prozent begrenzen, kommt für den normalen Anleger nicht in Frage, das ist viel zu kompliziert. Der Anleger könnte seinen Aktienanteil auf mehrere Titel verteilen, um das Einzelrisiko zu senken. Jeder Titel bekommt wiederum nur eine kleine Position, damit bei einem Totalausfall einer Aktie - das kommt immer wieder vor - nur ein kleiner Teil des Kontos betroffen ist. Da der Kauf einer Aktienposition fixe Kosten verursacht, sind sehr kleine Positionen nicht sinnvoll. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, ist der Kauf eines sogenannten Indexfonds - sie werden auch ETFs genannt. Es handelt sich dabei nicht um aktiv gemanagte Aktienfonds, die zum Teil hohe Gebühren und Aufschläge verlangen, sondern um passive Fonds, die einfach den Index nachbilden und entsprechend die Aktien erwerben. So erwirbt der Anleger zum Beispiel einen Dax-ETF, der sich parallel zum Dax entwickelt. Der Kauf einer solchen ETF-Position verursacht Kosten, die dem Kauf einer Aktienposition entsprechen. Die Kosten fallen also nur einmal an und nicht 30 Mal, wie das bei Kauf jeweils aller 30 Aktien des Dax der Fall wäre.

Wer also beispielsweise auf seinem Konto einen 20-prozentigen Aktienanteil haben möchte und das mit einem Dax-ETF abdeckt, der teilt indirekt den Aktienanteil selber nochmal in 30 Teile. Da die Indizes der Dax-Familie - Dax, Mdax, Sdax, Techdax und andere - zusätzlich die Eigenschaft haben, schlechte Aktien rauszuwerfen und gute Aktien neu reinzunehmen, kommt es nur in sehr seltenen Fällen vor, dass eine Aktie pleite geht, bevor sie den Dax verlassen hat.

Es ist die rechnerisch reduzierte Einzelposition, mit der der Anleger sein Risiko reduzieren kann und gleichzeitig an einer risikoreicheren Anlageklasse teilnimmt, die ihm höhere Renditen beschert. Oder umgekehrt formuliert: Höhere Rendite durch eine risikoreichere Anlageklasse bei gleichzeitiger Reduktion des Risikos.

Es waren die Banken, die Uli Hoeneß die Positionsgröße und damit das Risiko begrenzten. Genützt hat es ihm am Ende nichts. Aber der normale Anleger kann daraus Lehren ziehen.

(Eine nachträgliche Ergänzung des Autors aufgrund einer Nutzeranfrage zu diesem Text: Der Nutzer hatte gefragt, wie es möglich ist, dass ein Trader sein Kapital vervielfacht, wenn er immer nur ein Prozent einsetzt. Das ist eine sehr gute Frage. Heavy Trader wie Uli Hoeneß machen mehrmals am Tag einen Trade. Wenn durch Verlustbegrenzung - Stopp-Orders - die Verluste nie höher als ein Prozent des Kontos sein können, die Gewinne aber so laufen gelassen werden, dass sie im Durchschnitt drei Mal so hoch sind, dann gibt es einen systematischen Gewinn. Wenn im Durchschnitt sieben von zehn Trades Verlusttrades sind, dann bedeutet das ein Minus von etwa sieben Prozent. Die drei Gewinner bringen jeweils das Dreifache, also jeweils drei Prozent Plus. Macht neun Prozent. Neun minus sieben macht zwei Prozent Gewinn pro zehn Trades. Alle 340 Trades hat sich dann das Konto verdoppelt ...)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false