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Panorama: Fasten für den Regen

Am Sonntag hat es zum ersten Mal seit dem Frühjahr geregnet. Zwanzig Minuten lang prasselte das ersehnte Nass vom Himmel und verwandelte den allgegenwärtigen Staub zu Schlamm.

Am Sonntag hat es zum ersten Mal seit dem Frühjahr geregnet. Zwanzig Minuten lang prasselte das ersehnte Nass vom Himmel und verwandelte den allgegenwärtigen Staub zu Schlamm. Dann schien in der jordanischen Hauptstadt Amman wieder wie gewohnt die Sonne. "Mehr als eine Dusche war das nicht", meint der Ladenbesitzer Ali Khalidi. Auch hatte es nicht im gesamten Land geregnet, im Süden waren lediglich einige Wolken zu sehen gewesen. So konnte die Freunde über diesen ersten Regen im Herbst die Sorgen der Jordanier über die anhaltende Trockenheit nicht verjagen.

Im September hatte es im Gegensatz zu anderen Jahren nicht ein einziges Mal geregnet. Und so forderte das Ministerium für Religiöse Stiftungen und Islamische Angelegenheiten die fünf Millionen Bewohner des kleinen Wüstenstaates Mitte dieser Woche in einem ungewöhnlichen Appell schließlich auf, drei Tage zu fasten und zu beten, um mehr Regen herbeizuwünschen. Außerdem sollen nach dem Freitagsgebet in den Moscheen Regengebete gesprochen werden. Bereits am 19. Oktober war in den Moscheen für mehr Regen gebetet worden. In Saudi-Arabien waren am vergangenen Freitag öffentliche Regengebete organisiert worden. Jordanien leidet seit vier Jahren unter extremer Trockenheit. Nur in der Jordansenke ist ausreichend Wasser für Landwirtschaft vorhanden. Im Hochland dagegen ist es nach Angaben des Wasserexperten Elias Salameh angesichts des begrenzten Grundwassers völlig unsinnig, Landwirtschaft zu betreiben. Bis zu 250 Meter tiefe Brunnen würden hier gebohrt und zerstörten die nicht erneuerbaren Wasservorräte des Landes.

Die Landwirtschaft verschlingt denn auch den Löwenanteil des knappen Wassers - 650 Millionen Kubikmeter von insgesamt 900 Millionen Kubikmetern Wasser, die jährlich zur Verfügung stehen. Dagegen trägt die Landwirtschaft nur 4,5 Prozent zum Bruttosozialprodukt Jordaniens bei. In diesem Jahr hat die Regierung daher denjenigen Bauern Prämien versprochen, die ihr Land jedes dritte Jahr brach liegen lassen. Auch durch verrostete und lecke Wasserleitungen geht Wasser verloren. Durch geringeren Verbrauch könnten die Jordanier dagegen kein Wasser mehr einsparen, erklärt der Wasserexperte Salameh im Gespräch mit dieser Zeitung: Der Jordanier verbrauche durchschnittlich am Tag 83 Liter Wasser und liege damit an der "Hygienegrenze". Ein Syrer verbrauche 130 Liter täglich, in der EU verbrauchte ein Bürger 135 bis 250 Liter Wasser am Tag. Doch die offiziellen Meteorologen Jordaniens geben sich optimistisch: Mit oder ohne Gebete sagen sie insgesamt doch noch eine gute Regensaison voraus.

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