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Panorama: FC Zapatero

Spaniens Ministerpräsident bricht ein Tabu: Er drückt Barcelonas Fußballern die Daumen – und nicht, wie es Tradition ist, Real Madrid

Alles ist gleich. Alles ist anders. Kurz vor dem Anpfiff des Klassikers der spanischen Fußballliga Real Madrid gegen FC Barcelona am heutigen Abend liefern sich die Kontrahenten Wortgefechte wie eh und je: Barcelona kündigt einen Triumphzug auf der Madrider Prachtstraße Paseo de la Castellana an, Madrid reagiert verächtlich. Anders ist: Real fehlt die Unterstützung von ganz oben. Der neue Ministerpräsident Jose Luis Zapatero hat sich zum FC Barcelona bekannt.

In Spanien kommt das einer kleinen Palastrevolution gleich. Schließlich konnten die Königlichen während ihrer über hundertjährigen Geschichte fast immer auf die Unterstützung der Reichen und Mächtigen zählen. Zu ihren treuesten Anhängern zählten der Bourbonenkönig Alfonso XIII, Diktator Franco, der den Club zum Botschafter seines „anderen Spaniens“ machte, und nicht zuletzt José Maria Aznar. Der konservative Ministerpräsident saß bei vielen wichtigen Spielen in der Ehrenloge des Madrider Stadions Santiago Bernabeu und blickte stolz auf seine Lieblinge, als wollte er sagen: „Real Madrid ist ein Weltunternehmen – und Spanien wird eine Weltmacht.“

Damit ist jetzt Schluss. Zapatero hat gesprochen. „Ich wünsche mir, dass Barcelona die Liga gewinnt.“ Über diesen Satz des Ministerpräsidenten jubelte Katalonien mindestens ebenso wie über sein Versprechen, sich für die katalanische Sprache einzusetzen. Denn ein Bekenntnis zum Barca bedeutet mehr als bloß eine sportliche Vorliebe: Es gilt als Bekenntnis zu Katalonien, und zur Autonomie. Im Stadion Camp Nou werden Fußballliebe und katalanisches Selbstbewusstsein zugleich zelebriert. Das war zu Francos Zeiten, als Oppositionelle heimlich regierungskritische Flugblätter auf den Rängen verteilten, nicht anders als heute, wo Weltstars wie Ronaldhino und Davids im blau-roten Trikot spielen.

Fußball ist Politik. Und Politik ist Fußball. Die Tatsache, dass Zapateros Herz für Barcelona schlägt, bewog ein paar Barcelona-Fans sogar zur Gründung eines neuen Fan-Clubs. 16 Busfahrer haben sich zur „Peña ZP“ zusammengeschlossen. Der Verein trägt nicht nur den Spitznamen des Präsidenten im Titel, sondern hat, neben dem Barcelona-Wappen, auch eine Karrikatur Zapateros und eine rote Rose auf seine Fahne gedruckt. „Wir sind schließlich alle militante Sozialisten“, erklärt Isaac Garcia, Präsident der neuen Peña. „Wenn wir jetzt schon einen Barcelona-Fan zum Präsidenten haben, müssen wir ihn auch mit einem eigenen Fanclub ehren.“

Das Vereinslokal der sozialistischen Fußballfans befindet sich übrigens genau gegenüber der Ortszentrale des konservativen Partido Popular, der Partei Aznars.

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