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Der Chef der Vatikanbank IOR, Ettore Gotti Tedeschi, muss seinen Posten räumen.

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Festnahme im Fall "Vatileaks": Chef der Vatikanbank entlassen

Der Chef der Vatikanbank muss seinen Hut nehmen. Offiziell hießt es, es gehe um Mängel in der Führung des Instituts. Doch spekuliert wird auch über einen Zusammenhang mit „Vatileaks“, dem Bekanntwerden von Informationen aus dem Vatikan. Hier gibt es jetzt eine Festnahme.

Der Chef der Vatikanbank IOR, Ettore Gotti Tedeschi, muss nach einem Misstrauensvotum des Aufsichtsrats seinen Posten räumen. Der Bankmanager, der mehr Transparenz in die Geschäfte der Vatikanbank bringen sollte, habe trotz wiederholter Mahnungen „bestimmte Aufgaben von vordringlicher Wichtigkeit nicht ausgeführt“, teilte der Vatikan am Freitag nach der IOR-Aufsichtsratssitzung vom Vortag mit. In italienischen Medien wurde auch über einen möglichen Zusammenhang mit dem „Vatileaks“-Skandal spekuliert. Dabei waren aus dem Vatikan vertrauliche Dokumente an die Medien durchgesickert - auch über das Finanzgebaren der Vatikanbank.

In dem Fall gibt es nun einen Verdächtigen - dabei soll es sich um einen Kammerdiener aus dem Vatikan handeln, wie das Internetportal „ilfoglio.it“ und die Nachrichtenagentur Ansa schreiben. Ansa beruft sich auf Vatikankreise. Der Mann sei festgenommen worden, hieß es.

Vatikansprecher Federico Lombardi sagte, der Mann sei unberechtigt im Besitz vertraulicher Dokumente des Heiligen Stuhls gewesen.

Der Chef der Vatikanbank Tedeschi hatte laut Radio Vatikan noch am Donnerstagabend seinen Rücktritt eingereicht. „Aus Liebe zum Papst“ wolle er sich nicht gegen den Vorwürfe verteidigen, sagte Tedeschi nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa. „Besser ich schweige, ich würde sonst böse Worte sagen.“ Der derzeitige IOR-Vizepräsident, der deutsche Banker Ronaldo Hermann Schmitz, sollte laut Ansa zum Interimspräsidenten bestimmt werden. Am Freitag wollte die Kardinalskommission das Misstrauensvotum und weitere Schritte prüfen.

Die Vatikanbank stand in der Vergangenheit bereits wegen intransparenten Finanzgebarens in der Kritik, unter anderem im Zusammenhang mit Geldwäsche. Der Vatikan hatte aber jede Verwicklung der Bankleitung in dunkle Machenschaften bestritten.

Tedeschi, der unter anderem bei der spanischen Santander-Bank für das Italien-Geschäft zuständig gewesen war, hatte 2009 Angelo Caloia als Präsident der Vatikanbank abgelöst und sollte die Bank erneuern.

Vor zwei Jahren warfen römische Ermittler ihm und dem Generaldirektor des Istituto per le Opere di Religione (IOR), Paolo Cipriani, vor, gegen Anti-Geldwäsche-Standards verstoßen zu haben. Die Ermittlungen wurden aber eingestellt. Papst Benedikt XVI. erließ ein Maßnahmenpaket gegen Geldwäsche.

Spekuliert wird nun auch, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Misstrauensvotum und „Vatileaks“ geben könnte. Bei der Entscheidung habe auch die Annahme mitgespielt, Tedeschi könnte eine Rolle bei diesem Skandal gehabt haben, berichtete Ansa unter Berufung auf Quellen im Vatikan.

In der offiziellen Mitteilung des Vatikan heißt es nur, die Ratsmitglieder seien betrübt über die Ereignisse, die zu dem Misstrauensvotum geführt hätten. Sie betrachteten den Schritt aber als wichtig, um die Bank lebensfähig zu halten. Zu der Identifizierung des Verdächtigen im Fall „Vatileaks“ führten vatikaninterne Untersuchungen, wie Radio Vatikan berichtet.

Der Kammerdiener müsse sich jetzt für eine eingehendere Untersuchung zur Verfügung halten. Die Ermittlungen würden von der Vatikan-Gendarmerie durchgeführt, die im Auftrag einer eigens ernannten Kardinalskommission handelt und unter Aufsicht des vatikanischen Generalstaatsanwaltes Nicola Picardi steht.

Der Vatikan hatte die Veröffentlichungen der vertraulichen Dokumente scharf kritisiert und in Anspielung auf die Internet-Enthüllungsplattform Wikileaks als „Vatileaks“ bezeichnet. Italienische Medien spekulierten, dass es sich um einen Machtkampf innerhalb der Spitze der Kurie handele. Der Vatikan prangerte auch ein Buch mit dem Titel „Sua Santita“ (Seine Heiligkeit) als illegal an, das in dieser Woche erschienen war und mehrere dieser Dokumente enthalten soll. (dpa)

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