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Fiat

© AFP

Fiat: S-Klasse der Herzen

Mit einem großen Spektakel feiert Turin den neuen Fiat 500 – und weckt bei vielen alte Erinnerungen.

Der 500 ist Fiat ist Turin ist Italien. Seit Mittwochabend geht diese Gleichung wieder wunderbar auf – und das wird gefeiert mit einer spektakulären Inszenierung, die in der weltweiten Autogeschichte ihresgleichen sucht. Ja, er ist wieder da, der Fiat 500, der kleine Knoten auf Rädern, die S-Klasse der Herzen. Was den Ruhm, die millionenfache Produktion und die beklebte Fläche in privaten Fotoalben rund um den Globus betrifft, kommt das Auto gleich nach dem Käfer – haben wir früher selbst keinen gefahren, kennen wir sicher einen, der einen hatte.

Die Neuauflage des Klassikers fährt in Deutschland im Oktober vor, zwischen zehn- und elftausend Euro wird er kosten. Die Turiner kommen schon jetzt nicht mehr an dem Wägelchen vorbei. Er ist winzig, aber er ist überall. Im Flughafen haben sie ihn auf einen Thron in die Empfangshalle gesetzt; in der Altstadt schmücken Geschäfte ihre Auslage mit Postern und kleinen Modellen.

An diesem Mittwochabend ziehen Zehntausende durch die Arkaden, um zur Auferstehung ihrer Autoliebe zu pilgern, zu einer Mitternachtsshow auf dem Po, der hier mindestens ebenso romantisch durch die Stadt fließt wie es die Erinnerungen der Gäste sind. An das erste, an genau dieses erste Mobil; an die goldenen Fünfziger; den ersten Ausflug mit einem Mädchen auf den Höhenweg durch die Alpen.

Einen knappen Kilometer hat Fiat in Beschlag genommen, einen herrlichen Streifen zwischen zwei historischen Brücken. Auf denen drängeln sich die Menschen in Zehnerreihen, genauso am westlichen Ufer des Flusses. 150 000 sind auf den Beinen, suchen den Blick auf die riesige Bühne gegenüber, den breiten Laufsteg ins Wasser, auf den i-Punkt der Kulisse, ein Castello in gleißendem Licht auf dem Hügel. Die Show spielt sich auf dem Wasser ab: Alte Fiat 500 plätschern umher, die Boote sind geschmückt, es scheint, als schwebten die Oldtimer über den Fluss. Die Bilder und die monumentale Musik überträgt das Fernsehen live. Ein Auto als nationales Ereignis, da geht es Schlag auf Schlag. Tänzer auf Ponton von links, schwimmende Livemusik von rechts; technisch perfekte Auftritte, deren Höhepunkt aus dem Nichts heran schwebt. Ein Kran lässt aus dem Dunkel der Nacht ein zehn mal fünf Meter großes Stahlskelett herab auf den Fluss, Artisten in silberner Haut beturnen das Gestänge. Am Ende schmiegen sie sich aalgleich hinein – und verkörpern das Bild des Abends: Eine riesige, menschliche Skulptur in der Form des 500, des alten wie des neuen. Denn die Linienführung war Fiat heilig.

Am Ende steht ein Feuerwerk, so unverschämt maßlos, so unverschämt schön, als bräche an diesem 3. Juli schon wieder ein neues Jahrtausend an. Das Datum ist kein Zufall: Vor fünfzig Jahren genau ging der originale 500 an den Start, bis 1975 wurde er fabriziert. Aber noch immer steht er für die Blüte des Konzerns. Zu Beginn dieses Jahrtausends schien in Turin alles welk; schlechte Manager, schlechte Modelle, schlechte Zahlen. Seit zwei Jahren zeigt die Kurve wieder Richtung Himmel, dahin, wo man träumen darf – von guten alten Zeiten. Und vom neuen 500.

- Der Autor fuhr während seines Studiums alle zwei Wochen mit einem 500 von Saarbrücken nach Münster und zurück.

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