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Kriminalhauptkommissar Felix Moser erläutert beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden Fingerabdrücke. Rund 4,2 Millionen Personen sind in der zentralen Fingerabdruck-Datenbank der Polizei mit allen zehn Fingern gespeichert.

© Isabell Scheuplein/dpa

Fingerabdrücke: Selbst bei Zwillingen nicht identisch

Kein Körpermerkmal ist so individuell wie der Fingerabdruck. Deshalb vertrauen Ermittler bei der Verbrecherjagd seit 125 Jahren darauf. In Wiesbaden ist die zentrale Datenbank.

Felix Moser lehnt sich nach vorne. „Hier ist eine Linie unterbrochen, hier laufen zwei zusammen.“ Der Kriminalhauptkommissar zeigt im Hessischen Landeskriminalamt auf einen großen Bildschirm mit zwei stark vergrößerten Fingerabdrücken. Der Laie blickt verständnislos auf eine Ansammlung dünner Striche. Für den Experten dagegen steht in wenigen Minuten fest, wer den Abdruck am Tatort hinterlassen hat: Ein Mann, der in der zentralen Fingerabdruck-Datenbank der Polizei erfasst ist.

Rund 4,2 Millionen Menschen sind darin gespeichert. Automatisiertes Fingerabdruck-Identifizierungs-System heißt die Datenbank – AFIS. Sie startete 1993 und wird beim BKA geführt. Werden Abdrücke an einem Tatort sichergestellt, suchen die Landeskriminalämter nach Übereinstimmungen, auch international tauscht sich die Polizei aus.

Momentan liegt Moser ein potenziell wichtiges Beweisstück im Fall Manfred S. vor, eine Klarinette. Der 2014 verstorbene Hobbymusiker steht im Verdacht, in den vergangenen Jahrzehnten in Frankfurt bis zu zehn Menschen aus sadistischen Motiven ermordet und verstümmelt zu haben. Die Ermittler hoffen, auf dem Instrument Abdrücke von ihm sicherzustellen und S. so weitere Morde nachweisen zu können, wie an dem Schüler Tristan.

Die Geschichte des polizeilichen Einsatzes der Daktyloskopie, wie die Identifizierungsmethode heißt, begann in Deutschland im Jahr 1903 in Dresden. Polizeipräsident Paul Köttig schuf die erste mit sogenannten daktyloskopischen Formeln arbeitende Sammlung. Weltweit jährt sich die Verwendung bei der Verbrecherjagd zum 125. Mal. Seit dem 1. September 1891 wendete Juan Vucetich im argentinischen La Plata Fingerabdrücke in der polizeilichen Arbeit an, ein Jahr später gelang es ihm, damit eine Mörderin zu überführen.

Zuvor musste sich die Polizei mit anderen Körpermerkmalen abmühen, der Länge von Unterarmen oder dem Abstand der Augen etwa. Keines davon sei so individuell wie der Fingerabdruck, sagt Moser. Selbst bei eineiigen Zwillingen unterscheiden sich die feinen Linien, die dem Menschen Grifffestigkeit an den Händen und Füßen verschaffen. Sie bilden sich noch im Mutterleib aus – nach einem Zufallsprinzip – und bleiben das ganze Leben lang gleich.

Das BKA schreibt Fingerabdrücken nach wie vor eine „sehr große Bedeutung“ zu. Die Methode sei schnell, sicher und günstig, und habe damit mehrere Vorteile gegenüber anderen Methoden.

Hauptkommissar Moser sagt, der Vergleich von Fingerabdrücken sei auch dem von DNA in bestimmten Aspekten überlegen: „Eine Zigarette mit einer DNA-Spur kann zufällig oder absichtlich an einen Tatort gebracht worden sein, ein Fingerabdruck nicht.“ Im letzteren Fall sei eine „absolut sichere Aussage“ möglich, dass eine bestimmte Person die Spur verursacht hat. Gerichtlich sei seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs von 1952 klargestellt, dass ein Fingerabdruck als Beweis ausreiche, um einen Täter zu überführen.

Doch auch diese Methode hat ihre Grenzen: „Wann und unter welchen Umständen ein Mensch einen Fingerabdruck hinterlassen hat, das können wir nicht sagen“, sagt Moser. Es habe immer wieder Versuche gegeben, das Alter der Abdrücke zu bestimmen, sagt er. Bisher seien sie erfolglos geblieben. (dpa)

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