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Flutkatastrophe: Wetterdienst in Russland hatte gewarnt

Niemand hätte die Flutkatastrophe in Russland verhindern können. Doch es gab eindeutige Warnungen - und grobe Versäumnisse der zuständigen Behörden. Sie kosteten fast 200 Menschen das Leben.

Überall wehen Fahnen mit schwarzem Trauerflor auf Halbmast. Über 170 Menschen kamen nach derzeitigem Stand bei der Flutkatastrophe am Wochenende in Südrussland um. Und Katastrophenschützer, die gestern früh in Krymsk, der am schlimmsten betroffenen Ortschaft, neue Leichen aus den unter Wasser stehenden Häusern bargen, fürchten, es könnten nicht die letzten gewesen sein.

Die Katastrophe, darin sind sich Experten wie Medien – staatsnahe und kritische – inzwischen einig, wäre zwar nicht vermeidbar gewesen. Die Zahl der Opfer wäre jedoch sehr viel geringer ausgefallen, hätte es nicht, wie schon so oft bei Naturgewalten, eine Reihe von Versäumnissen und Schlampereien gegeben.

Offizielle Stellen hier in Russland rangen sich erst am Montag zu dem Eingeständnis durch, dass der lokale Wetterdienst die Regionalregierung schon Freitag um 23 Uhr vor dem aufziehenden Unwetter warnte. Die Behörden hätten demzufolge mindestens drei Stunden Zeit gehabt, die Menschen zu informieren und die Räumung bedrohter Orte einzuleiten. Denn die Flutwelle erreichte Krymsk erst Samstagfrüh gegen ein Uhr. Doch nichts geschah. Erst weit nach Mitternacht, erzählte eine Hörerin aus der Regionalhauptstadt Krasnodar beim Morgentalk von Radio Echo Moskwy, habe das Regionalfernsehen eine Unwetterwarnung in das laufende Programm eingeblendet. Doch die hätte im Katastrophengebiet niemand mehr sehen können. Denn den Strom hatte man dort aus Sicherheitsgründen längst abgestellt.

Video: Trauer und Wut nach der Flut

Es fehlt vor allem an Trinkwasser, Kleidung und Koordination. Bis Montagfrüh stand auf der Website des Russischen Rotes Kreuzes kein Wort zu der Tragödie, im Hauptquartier in Moskau nahm niemand den Hörer ab. Und Sergei Mitrochin, Chef der sozialliberalen Jabloko-Partei, erzählte, die Regionalregierung zwinge die Opfer, eine Erklärung zu unterschreiben, wonach sie rechtzeitig gewarnt wurden. Anderenfalls würden sie keine Entschädigungen bekommen.

Zwar wurden der Bürgermeister von Krymsk und der Landrat des Kreises inzwischen entlassen. Gouverneur Alexander Tkatschow dagegen, dessen Sippe Russlands schönste Region als Eigentum betrachtet und bei der Bevölkerung daher schon vor der Flut extrem unbeliebt war, verlässt sich auf den heißen Draht zu Putin.

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