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© AFP

Frankreich: Todkranke kämpft vergeblich um aktive Sterbehilfe

Antrag abgelehnt: Ein französisches Gericht verwehrt Chantal Sébire aktive Sterbehilfe und auch Präsident Sarkozy will die Gesetze nicht für sie ändern. Ihr Hausarzt unterstützt sie dagegen in ihrem Anliegen.

Chantal Sébire ist eine charakterstarke und mutige Frau, aber der jahrelange Kampf gegen die schreckliche und unheilbare Krebsgeschwulst mitten in ihrem Gesicht hat die 52-jährige frühere Lehrerin mürbe gemacht. Enttäuschend war auch die Entscheidung des Gerichts in Dijon, das am Montag den Antrag der Französin auf aktive Sterbehilfe abgewiesen hat. Allerdings hatte sich die Schwerkranke keine allzu großen Hoffnungen gemacht und bereits vorher angekündigt, sie wolle keine Berufung gegen das Urteil einlegen.

Schon seit acht Jahren kämpft sie gegen die Geschwulst, gegen die keine Chemotherapie hilft und die ihr Gesicht fast völlig entstellt hat. Die bösartige Wucherung ist ein seltenes Esthesioneuroblastom in der Rinne der Geruchsnerven, das ihr zunächst den Geschmacks- und Geruchssinn zerstört hat und zuletzt zu ihrer Erblindung führte. Sie ist abgemagert, kann kaum mehr das Bett verlassen und leidet an kaum erträglichen Schmerzen.

Chantal Sébire hatte vom Gericht eine Genehmigung für ihren Arzt gefordert, damit er ihr eine tödliche Medikamenten-Dosis verabreichen darf. Doch die französische Justiz hielt sich strikt an die Gesetze. Ärzte seien verpflichtet, Leben zu retten, und das Strafrecht stelle Sterbehilfe unter Strafe, hieß es in der Urteilsbegründung.

"Ich will in meinem eigenen Bett sterben"

Ihren Kampf um einen würdigen Tod gibt Sébire jedoch nicht auf. Sie könnte sich im Ausland tödliche Medikamente besorgen, in Belgien, der Schweiz oder in den Niederlanden, wo aktive Sterbehilfe nicht betraft wird. Doch eine Flucht ins Ausland lehnt sie ab. "Ich will in meinem eigenen Bett sterben", sagte sie. In ihrem Kampf ist Sébire nicht allein. Ihre drei erwachsenen Kindern und ihr Hausarzt stehen ganz auf ihrer Seite. "Ich will den Tod mit klarem Kopf und bei vollem Bewusstsein entgegentreten. Mein Abschied soll ein Fest werden, zusammen mit meinen Kindern, meinen Freunden und den Ärzten."

Nach französischer Gesetzeslage könnte sie sich in ein Koma versetzen lassen, doch bis zum erlösenden Tod würde noch lange Zeit vergehen. "Selbst ohne jede Nahrung oder Flüssigkeit würde der Tod erst nach 10 oder 14 Tagen eintreten", sagt ihre Arzt Emmanuel Debost. Dies lehnt Chantal Sébire jedoch ab.

Sarkozy bleibt hart

In den französischen Medien wird seit Wochen mit großer Anteilnahme über den Fall berichtet. Die kontroverse Diskussion ging bis in die Regierung. Justizministerin Rashida Dati stellte sich sachlich hinter die Paragrafen und meinte, Ärzte seien nicht dazu da, tödliche Substanzen zu verabreichen.

Der konservative Präsident Nicolas Sarkozy hat jede Rechtsreform im Sinn der Genehmigung aktiver Sterbehilfe abgelehnt. Anteilnahme zeigte Premierminister François Fillon: "Wir geraten in diesem Fall an die Grenze dessen, was eine Gesellschaft sagen kann und was das Gesetz tun kann."

Petra Klingbeil[dpa]

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