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Panorama: Frust der UNO in der Stadt der Strafzettel

Bürgermeister Giuliani vertreibt Weltgemeinschaft aus New York / Streit um unbezahlte StrafmandateVON ROBERT VON RIMSCHA NEW YORK.Kanadas Premier, zu Besuch beim Nachbarn USA, erkannte seine Chance sofort.

Bürgermeister Giuliani vertreibt Weltgemeinschaft aus New York / Streit um unbezahlte StrafmandateVON ROBERT VON RIMSCHA NEW YORK.Kanadas Premier, zu Besuch beim Nachbarn USA, erkannte seine Chance sofort."Montreal wäre eine ideale Stadt für die UNO", versicherte Jean Chretien grinsend.Er gäbe gern den lachenden Dritten in einer Posse, die in New York die Gemüter erhitzt.Auf der einen Seite steht Bürgermeister Rudolph Giuliani.Er will, daß die UNO-Diplomaten endlich die zehntausende Strafzettel bezahlen, die ihnen von seinen Polizisten in den letzten Jahren an die Windschutzscheiben geklebt wurden.Auf der anderen Seite steht die UNO. Deren Juristen finden, das zwangsweise Bezahlen von Strafzetteln verletze den Diplomatenstatus.Auch habe Giuliani keine Handhabe, die UNO zu verpflichten, künftig Münzen in die Parkuhren zu stecken.Eine entsprechende Schrift wurde dem amerikanischen Außenministerium zugeleitet, das zuvor Giuliani den Rücken gestärkt und seinerseits gedroht hatte, von Diplomatenfahrzeugen, die Sünden nicht beglichen haben, einfach die Sonderkennzeichen abzuschrauben.Das State Department beschied nun, vielleicht habe doch die UNO recht.Das erboste Rudolph Giuliani erst recht. "Falls die UNO wegen der Strafzettel New York verlassen will, finden wir schon eine sinnvolle Nutzung für das Gelände.Das ist schließlich der teuerste Grund und Boden der Welt", versicherte Giuliani.Und die Weltorganisation forderte er auf, den Fall doch vor den Weltgerichtshof zu bringen."Das wäre spaßig." Bitterernst fuhr er fort: Wenn die UNO nicht zur Lachnummer werden wolle, solle sie lieber Kriege beenden, beispielsweise den in Zaire. Dieser Hinweis ärgerte den zairischen UNO-Botschafter.Giuliani solle sich gefälligst um den Frieden in seiner eigenen Stadt kümmern, wo es in den U-Bahnen so gefährlich zugehe, daß er, so der Afrikaner, den öffentlichen Nahverkehr jedenfalls nicht benutzen werde.Und dann schritt der zuständige Ausschuß der UNO zur Abstimmung.Gegen ein Nein (USA) und bei einer Enthaltung (Großbritannien) wurde mit 13 Stimmen (darunter Rußland, Kanada, Frankreich und Spanien) beschlossen, die Krise vor die Vollversammlung zu bringen.Ob diese eigens einberufen wird, steht in den Sternen. Giuliani, am 28.Mai 1944 in Brooklyn geboren, hat Erfahrung darin, sich mit Widersachern anzulegen.Sein Vorvorgänger als Bürgermeister, Ed Koch, nennt den Einzelkämpfer "einen aggressiven, dynamischen Macher, der ohne Rücksicht auf Verluste verfolgt, was er sich in den Kopf gesetzt hat".Sein erster großer Erfolg als Staatsanwalt war die Aufdeckung von Drogengeschäften innerhalb der Polizei.Gleich acht Mafiabosse brachte er dann zur Strecke. Wenn ihm die Weltstadt zu klein wird, betreibt er ein wenig Weltpolitik.Seine Polizei nahm Neujahr einen russischen und einen weißrussischen Diplomaten fest, die betrunken durch die Stadt fuhren.Moskau und Minsk forderten vergeblich eine amerikanische Entschuldigung.Giuliani erklärte, im Prinzip habe er nichts gegen diplomatische Immunität, wohl aber gegen die beiden Osteuropäer.Diese "Lügner" wolle er in seiner Stadt nicht haben. Als die UNO nun beschloß, den Strafzettel-Krieg vor die Vollversammlung zu bringen, platzte Giuliani endgültig der Kragen.Vor der UNO-Tür stand in zweiter Reihe gerade ein russischer Diplomatenbus.Den sichteten Giulianis Polizisten, und der Abschleppwagen kam erstaunlich schnell.Das Vorderteil des Busses war schon emporgehievt, da gelang es einigen russischen Verteidigern der Diplomatenrechte samt Kleinkindern, das Fahrzeug noch zu entern.Nach einem mehrstündigen Palaver mit der Polizei verzichtete diese auf das Abschleppen. Dieser Teil der Krise ist beigelegt.Wer die Millionen Dollar Strafbescheide bekommt, die jährlich nicht bezahlt werden, noch nicht.Was aus der UNO wird, auch nicht.Der letzte Stand: Giulianis Anwälte haben ermittelt, daß der UNO-Besitz, sollte die Weltbehörde abziehen, an die US-Bundesregierung fallen würde.Falls diese kein Interesse hat, fiele das Vorkaufsrecht an New York.Genf und Genua sollen Bewerbungen als Austragungsort der UNO vorbereiten.Giuliani aber ist sich sicher, im Herbst im Amt des Bürgermeisters wiedergewählt zu werden mit oder ohne UNO.

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