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Am 19. April 1956 heiratet Fürst Rainier III. von Monaco die US-Schauspielerin Grace Kelly. Damit brach eine glanzvolle Ära in Monaco an.

© picture alliance / dpa

Fürstentum Monaco: Zwei Hochzeiten und ein Todesfall

Vor 60 Jahren heiratete Fürst Rainier die amerikanische Schauspielerin Grace Kelly. Von dem Glamour der alten Zeit ist heute nicht mehr viel übrig im monegassischen Fürstentum.

Am 19. April 1956 läuteten die Hochzeitsglocken in der vom azurblauen Mittelmeer weithin sichtbaren schneeweißen Kathedrale Notre-Dame-Immaculée, oben auf dem Felsen von Monaco. Das ganze Fürstentum war auf den Beinen, die Weltpresse vor Ort versammelt. Eine gefeierte Hollywood-Schauspielerin und ein Fürst gaben sich hier das Ja-Wort. Der Märchenstoff, aus dem die Träume sind. Es war das erste moderne, mediale Millionen-Spektakel dieser Art: Die royale Hochzeit wurde live im Fernsehen übertragen – vor den Bildschirmen saßen 30 Millionen Menschen.

In Philadelphia bittet Rainier um die Hand von Grace Kelly

Begegnet sind sich Grace Kelly, zeitlose Stil-Ikone und Idol für Millionen Frauen, und Fürst Rainier III. von Monaco, erstmals am 6. Mai 1955. Das royale Rendezvous findet auf dem Grimaldi-Felsen statt, wo Palast, Kathedrale und das historische Monaco-Ville angesiedelt sind. Grace Kelly ist in diesem Mai mit ihrem Film „Ein Mädchen vom Lande“ zu Gast auf den Filmfestspielen in Cannes. In Los Angeles wird sie dafür den Oscar erhalten. Der offizielle Palast-Termin dauert nicht länger als eine halbe Stunde. In diesen dreißig Minuten entsteht eine Fotostrecke, die um die Welt geht: Alfred Hitchcocks Lieblingsblondine besucht den Fürsten von Monaco. Fürst Rainier, Europas begehrtester Junggeselle, steht unter dem Druck, einen Thronfolger zu liefern – andernfalls, so lautet das inzwischen geänderte Gesetz zu dieser Zeit, fällt das Fürstentum zurück an den ungeliebten Nachbarn, die Großmacht Frankreich. Präsident de Gaulle wartet nur auf die nächstbeste Gelegenheit, den lediglich zwei Quadratkilometer umfassenden Zwergstaat annektieren zu können. Monaco, Steueroase der Reichen, das ist über lange Zeit der Stachel im Fleisch der Grande Nation. Im Dezember 1955 fliegt Rainier in die USA. Im Haus der Kellys in Philadelphia wird am 5. Januar 1956 die Verlobung bekannt gegeben. Am 12. April trifft Grace im Hafen von Monaco ein, am 18. April heiratet das Paar standesamtlich im Palast, am 19. kirchlich. Mit diesem Schritt wird sich Monaco von Grund auf verändern.

Fürst Albert von Monaco und Fürstin Charlene nach ihrer standesamtlichen Hochzeit am 1. Juli 2011.
Fürst Albert von Monaco und Fürstin Charlene nach ihrer standesamtlichen Hochzeit am 1. Juli 2011.

© Valery Hache/AFP

Monaco war fast pleite

Die Geschichte Monacos der vergangenen Jahrzehnte wäre ohne die „Jahrhundert-Hochzeit“ eine andere: Grace Kelly hat dem seinerzeit abgewirtschafteten, wenig glamourösen Landstrich eine neue Blüte gebracht. Die Staatskasse war leer. Der Fürst alleinstehend. Mit Grace Kelly kamen Stars und Finanziers, kamen Noblesse und Eleganz. Mit ihr kamen auch die für Monaco so wichtigen Touristen, die einmal nur einen kurzen Blick auf sie erhaschen wollten, wenn die Fürstin unten auf dem Marché Blumen kaufte oder ihre drei Kinder – Caroline, Albert und Stéphanie – von der Schule abholte.

1982 endet diese Ära: Grace Kelly verunglückt bei einem Autounfall. Alteingesessene Monegassen berichten bis heute, in welche Schockstarre das Fürstentum verfiel. Als sie am 14. September stirbt, gehen erstmals in der monegassischen Geschichte die Lichter im Casino aus.

Alberts zahlreiche Affären

Alle Hoffnungen richten sich danach auf Prinz Albert, das zweite der drei Kinder Grace Kellys, der bereits zu Lebzeiten seines Vaters dessen ehemalige Position als begehrtester Junggeselle in Europas Hochadel einnimmt. Lange Zeit zögert Albert, der eine sehr enge Bindung zu seiner Mutter hatte, nach zahlreichen Affären sich fest zu binden. Als sein Vater Fürst Rainier III. am 6. April 2005 stirbt, tritt Fürst Albert II. von Monaco die Thronfolge an – am 12. Juli 2005 wird er der 30. Regent auf dem Felsen der Grimaldis.

Von Beginn an steht während Alberts junger Regentschaft dieselbe Frage im Raum: Wann wird der amtierende Fürst die Erbfolge sichern?

2011 wagt ganz Monaco erneut zu hoffen, dass eine Schönheit aus der Ferne ihrem kleinen Land einen Thronfolger schenkt und zu neuem Glanz verhilft. Im Juli 2011 heiratet Fürst Albert die Olympia-Schwimmerin Charlene Wittstock. Charlene, 1978 im heutigen Simbabwe geboren und in Südafrika aufgewachsen, ist zwanzig Jahre jünger als Albert, groß, blond und schlank.

Thronfolge gesichert

Begegnet sind sich der schüchtern wirkende Albert und die junge Schwimmerin erstmals 2001. Sie nimmt an einem Schwimmwettbewerb in Monaco teil und holt Gold, Albert wird auf Charlene aufmerksam. Jahre später sehen sie sich wieder, feiern 2005 in Südafrika Silvester, werden 2006 bei der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Turin erstmals öffentlich zusammen gesehen.

Nach der Verlobung 2010 beginnt Charlene, ihren Stil zu verändern. Es ist, als ob sich die Südafrikanerin – die wie Grace Kelly zunächst nur Englisch spricht und allmählich erst Französisch lernt –, in ihrem Habitus jenem ihrer verstorbenen Schwiegermutter annähert. Und endlich am 10. Dezember 2014 bringt Charlene die ersehnten Zwillinge Gabriella und Erbprinz Jacques zur Welt – Monacos zukünftige Thronfolge ist gesichert.

Fürst Albert II. und seine Frau Charlene präsentieren am 7. Januar 2015 das erste Mal ihre Zwillinge der Öffentlichkeit.
Fürst Albert II. und seine Frau Charlene präsentieren am 7. Januar 2015 das erste Mal ihre Zwillinge der Öffentlichkeit.

© Sebastien Nogier/AFP

Monaco hat sich seit jenen Tagen im April 1956, an denen die Menschen an den Straßenrändern dem Hochzeitspaar zujubelten, sehr verändert. Unter der Regentschaft von Fürst Albert II. ist es merklich ruhiger geworden. Der Glamour von einst, als Cary Grant und Frank Sinatra, David Niven und Alfred Hitchcock an die Côte d’ Azur kamen, um Alberts Mutter Grace zu besuchen, dieser Glamour ist Geschichte.

Mafiosi und Geldwäsche

Heute ist das moderne Fürstentum der Ort, an dem die weltweit höchsten Quadratmeterpreise gelten, es ist nicht zuletzt ein Wirtschaftsstandort, nicht wenige Firmen und Banken unterhalten hier ihren Sitz. Noch immer ist es der Wohnsitz des einen oder anderen Spitzensportlers, doch der internationale Jetset ist weitergezogen.

Mit Albert ist eine neue Nüchternheit, eine Sachlichkeit eingekehrt, und das mag nicht unbedingt von Nachteil für den Staat sein. Schließlich stand Monaco bis vor wenigen Jahren in dem ambivalenten Ruf, ein Platz der Mafiosi und der Geldwäsche zu sein, ein Ruf, gegen den der engagierte Fürst, der sich international sehr für nachhaltigen Umweltschutz und die Säuberung der Weltmeere einsetzt, entschieden vorgeht.

Damit Monaco zusehends weniger als das erscheint, als das es der US-Schriftsteller William Somerset Maugham einmal mit seinem berühmten Bonmot bezeichnete: „A sunny place for shady people“.

- Thilo Wydra: Grace. Die Biographie. Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 2014, 400 Seiten, 12,99 €.

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