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Panorama: Gebrochene Weiche

HANNOVER .Der hannoversche Hauptbahnhof glich am Dienstag nachmittag einem Hexenkessel.

HANNOVER .Der hannoversche Hauptbahnhof glich am Dienstag nachmittag einem Hexenkessel.Überall versuchten Reisende einen wenigstens einigermaßen ruhigen Platz zu finden, stecken sich den Zeigefinger in das eine Ohr und rückten ihr Handy ganz fest gegen das andere, um Freunden oder dem Ehepartner mitzuteilen, daß sie erheblich später nach Hause kommen werden."Hier ist der Teufel los, warte gar nicht erst auf mich", hauchte eine Mitvierzigerin in ihr Mobiltelefon.

Bahnmitarbeiter hatten die Treppen zu den Gleisen 9 und 10 - die der verunglückte ICE blockierte - mit Flatterband abgesperrt und dirigierten auf Zuruf die mal ratlosen, mal fluchenden Fahrgäste.Mancheiner hastete sogar von Gleis zu Gleis, um nach seinem Zug zu suchen.

Erneut ist ein Hochgeschwindigkeitszug entgleist - diesmal rund 400 Meter nach der Ausfahrt aus dem Hauptbahnhof Hannover.Der sechs Wagen umfassende ICE 751 "Theodor Fontane" war aus Düsseldorf kommend um 13 Uhr in Hannover Richtung Berlin abgefahren, als unmittelbar auf einer Eisenbahnbrücke die beiden mittleren Waggons entgleisten.Der Zug war nach Einschätzung eines Bahnsprechers in Hannover lediglich zwischen 40 und 50 Stundenkilometer schnell.

Eine gebrochene Weiche ist nach Bahnangaben die Ursache für die Entgleisung."Es gab einen Bruch in der Spitze der Weiche 73", sagte Bahnsprecher Ahlert.

Zunächst sprang nur ein Drehgestell eines Waggons der ersten Klasse aus den Schienen; als der Lokführer bremste, entgleiste dann auch ein weiteres Drehgestell des anderen Wagens, bei dem es sich um den Speisewagen handelte.Thomas Mattner und Andreas Höhne, Angestellte der Bezirksstelle der Kassenärztlichen Vereinigung unmittelbar neben dem Bahndamm, waren Ohrenzeugen des Unglücks."Ich wollte gerade zur Mittagspause, als plötzlich ein sehr langgezogenes Signalhorn ertönte und kurz danach hörte ich dann dieses polternde Rumpeln", erklären Mattner und Höhne übereinstimmend.

Verkantet stand der ICE auf den Gleisen und blockierte die Ost-West-Fahrtrichtgung.Die etwa 100 bis 120 Fahrgäste konnten kurz nach dem Unglück in einen Inter-Regio-Zug umsteigen, der unmittelbar neben dem ICE 751 hielt.Sie wurden zurück in den Hauptbahnhof gefahren.Die Bahn mußte etliche ICE-Züge über Hildesheim nach Berlin umleiten.

Durch die entgleisenden Räder wurde Schotter und ein Regenrohr die Brücke hinabgeschleudert.Die Straße darunter wurde deshalb für den Verkehr gesperrt.Nach Aussage von Frank Glaschke, Amtsleiter des Einsatzabschnitts Hauptbahnhof des Bundesgrenzschutzes (BGS), wurde auch die Brücke durch das Entgleisen beschädigt.

Kurz nach dem Unglück übernahmen die Staatsanwaltschaft, die Inspektion "Verbrechensbekämpfung" des BGS sowie Beamte des Eisenbahnbundesamtes die Ermittlungen.Gegen 16 waren diese soweit abgeschlossen, daß mit großen hydraulischen Wagenhebern begonnen wurde, die entgleisten Waggons wieder auf die Schiene zu heben.

Rückgrat des Fernverkehrs

Die Intercity-Express-Züge (ICE) sind das Rückgrat des Fernverkehrs der Deutschen Bahn.Die 103 Züge erwirtschaften etwa ein Drittel des Umsatzes der neuen DB Reise&Touristik und befördern täglich rund 65 000 Fahrgäste.

Trotz der ICE-Katastrophe von Eschede vom Juni vergangenen Jahres baut die Bahn die Flotte von Hochgeschwindigkeitszügen weiter aus.Im Mai sollen die ersten ICE mit Neigetechnik, die sogenannten ICT, zwischen Stuttgart und Zürich ihren Betrieb aufnehmen.Die dritte ICE-Generation soll bereits 2000 im Expo-Verkehr eingesetzt werden.

ALEXANDER DAHL

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