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Panorama: Geheime Botschaft in Ton

Tübinger Archäologen entdecken das Archiv des Königs von Qatna

Von Andrea Nüsse, Amman

Für Peter Pfälzner war es ein Glücksfall. „Das ist vielleicht der Treffer meines Lebens.“ Der Professor für Vorderasiatische Archäologie an der Universität Tübingen ist mit seinen 14 Mitarbeitern im historischen Qatna, etwa 18 Kilometer nordöstlich der syrischen Stadt Homs gelegen, fündig geworden: In einem Geheimgang unter dem Thronsaal des Königspalastes von Qatna fand das Team ein 3400 Jahre altes Archiv, das aus 61 Tontafeln besteht. Die Tafeln, deren Form an aufgegangene Hefebrötchen erinnert, stammen etwa aus dem Jahre 1400 vor Christus und geben in Keilschrift Auskunft über die politischen Ereignisse der Zeit. „Diese Briefe an den König von Qatna sind sehr spannend, weil sie fast geheimdienstmäßig den Herrscher über aktuelle politische und militärische Ereignisse informieren“, erklärt der 42-jährige Pfälzner. So ist darin die Rede vom Untergang des Reichs der Mittani in Obermesopotamien, über das man bisher hauptsächlich aus ägyptischen Quellen oder Quellen in der Zentraltürkei Bescheid wusste. „Dies ist erst das vierte Königsarchiv, das im heutigen Syrien gefunden wurde und damit die erste Quelle aus dieser Region selbst zur späten Bronzezeit.“

Die kleinsten der Tontafeln sind nur sechs mal sechs Zentimeter groß und eng beschrieben. Die größte misst etwa 10 mal 22 Zentimeter und enthält auf Vorder- und Rückseite 64 Zeilen Text. Die in einer Mischsprache aus Mesopotamisch und Akadisch verfassten Briefe wurden mit einem Griffel in Ton geritzt, die Tafeln anschließend gebrannt. Der Autor der Briefe ist ein gewisser „Chanute“, der weder seine Stellung noch den Ort angibt, an dem er die Briefe „An Idanda, meinen Herrn“ verfasst hat.

Seither lagerten die kostbaren Tafeln in ihrem Versteck unter dem Palast von Qatna, von wo aus das gleichnamige Königreich (ca. 1800 bis 1400 v. Ch.) im Westen des heutigen Syrien regiert wurde. Entdeckt wurden die Überreste das Palastes in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von französischen Archäologen. Seit 1999 legen die Tübinger Archäologen in Kooperation mit den syrischen Behörden und Experten von der italienischen Universität Undine den Palast frei. Dabei entdeckte die deutsche Mannschaft unter dem Thronsaal einen Geheimgang mit vielen Stufen, an deren Ende sie auf zwei zerstörte Holztüren stießen. Dahinter gruben sie die Tafeln aus. „Damit wurden unsere dreijährigen Grabungsarbeiten belohnt“, freut sich Pfälzner, der bereits seit seinen Studententagen in Syrien gräbt. Die Tafeln werden nach der Auswertung ins Museum der Stadt Homs wandern. Peter Pfälzner und sein Team werden im nächsten Sommer in Qatna weitergraben.

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