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Mit Abeille bezahlen. In Villeneuve-sur-Lot bezahlen die Bewohner mit "Bienen".

© Arte

Generation Solidarität: Mit Utopien durch die Krise

Selbst ein Haus bauen für 20 000 Euro? Eine eigene Währung erfinden? Wie man mit viel Kreativität durch die Krise kommt, zeigt unsere aktuelle Folge von "Generation Solidarität" - ein Gemeinschaftsprojekt von Arte und Tagesspiegel Online.

Hier kann ihnen die Eurokrise ganz egal sein. Naja, fast jedenfalls, denn schließlich ist ihre Währung an den Euro gekoppelt. Wechselkurs 1:1 - Euro: Abeille. Hier in Villeneuve-sur-Lot im Südwesten Frankreichs zahlen alle mit "Bienen". Hier wurde 2010 die erste französische Lokalwährung eingeführt. Wie vor hundert Jahren wird hier nun wieder Tauschwirtschaft praktiziert - ein Trend, der in vielen europäischen Regionen wieder vor allem in kleinen Dörfern wieder aufflammt.

In Deutschland gibt es zahlreiche vergleichbare Projekte seit der Jahrtausendwende: 2002 startete in Bayern der "Chiemgauer", 2003 das "Weyhe-Stuhr-Syker Regiogeld" in Niedersachsen, 2004 der "Hallertauer" im Landkreis Pfaffenhofen in Bayern, der "Justus" in Gießen und der "Markgräfler" in Baden – um nur einige zu nennen. Die Wirtschafts- und Finanzkrise bestärkt die Initiatoren dieser Projekte in Deutschland und in Frankreich.

In Villeneuve-sur-Lot war der Verein "Agir pour le vivant" dafür verantwortlich. Hier will man zu den Ursprüngen des Währungssystems zurückkehren, zu dem Austausch von Waren und Dienstleistungen - ohne Spekulation.

Die "Abeille" ist eine an Wert verlierende Währung: Alle sechs Monate büßt sie zwei Prozent ihrer Kaufkraft ein – das macht das Spekulieren unmöglich, beschleunigt den Tauschumsatz und sorgt dafür, dass lokal mehr Sachwerte geschaffen werden. Die Einwohner von Villeneuve-sur-Lot können in "Abeilles" bei teilnehmenden Händlern und Firmen zum Beispiel Tomaten, Friseurbesuche oder Schlosserarbeiten bezahlen.

So bleibt die Währung in der Region, nützt der Gemeinde und stärkt den Zusammenhalt zwischen Bürgern und Unternehmen. Die eingetauschten Euromünzen bilden einen Garantiefonds und werden bei der NEF angelegt, einer Kooperative für solidarische Finanzierung.

Andere bauen sich einfach selbst ein Haus aus Recyclingmaterial. Weniger als 20000 Euro soll das kosten, behaupten die Verantwortlichen der Gemeinschaft Emmaüs Lescar-Pau im Südwesten Frankreichs. Seit 2009 können die Bewohner hier ihr individuelles Traumhaus entwerfen - und dann selbst am Bau ihres Heimes mitwirken. Natürlich alles in Öko und energiesparend: Die Häuser werden größtenteils aus Recyclingmaterial gebaut. Vom Stelzenhaus bis zur Holz- und Strohhütte ist jedes Bauwerk in diesem Experimental-Viertel ein Unikat. "Ich könnte mir sonst nie ein Haus bauen", sagt Denis, der stolz in seiner großen Küche steht.

Hauptziel des Projekts war es, den Gästen durch das Wohlbefinden im individuell gestalteten Wohnraum neuen Lebensmut zu geben. Sogar ein Rathaus entstand am Ortsausgang, in dem ein alternativer Gemeinderat regelmäßig tagt.

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