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Freimütig gesprochen. Bernie Ecclestone (l.) mit seinem Anwalt bei seiner Aussage in München Foto: dpa

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Gerhard Gribkowsky: Zum schnellen Geld

Formel-1-Chef Ecclestone: Ex-BayernLB-Vorstand Gribkowsky wollte bei der Rennserie mitmischen.

Gleich die allererste Frage ist so klar wie die Antwort des prominenten Zeugen. Ob er Gerhard Gribkowsky erhebliche Summen über dessen österreichische Konten habe zukommen lassen, will der Vorsitzende Richter Peter Noll wissen. „Yes, yes“, sagt der Mann mit hohem, dünnem Stimmchen schnell. Es ist Bernard „Berny“ Ecclestone, der schillernde Herrscher über die Formel-1-Rennserie.

Aus London ist er nach München gejettet zum Landgericht, um dort seine Aussage zu machen im Prozess gegen Gerhard Gribkowsky, das ehemalige Vorstandsmitglied der landeseigenen BayernLB. Gribkowsky wird vorgeworfen, von Ecclestone in den Jahren 2004 und 2005 insgesamt 44 Millionen US-Dollar an Bestechungsgeld kassiert zu haben.

Als Gribkowsky 2003 bei der BayernLB anfing, war die Rennserie schon mehrheitlich in der Hand des Geldinstituts. Der Bank war sie durch die Pleite des Medienunternehmers Leo Kirch quasi als Konkursmasse zugefallen. Doch niemand wagte sich so richtig ran, weil niemand in dem behäbigen öffentlichen Institut wusste, was man damit anstellen sollte. Nicht so Gribkowsky, in dessen Zuständigkeit als Risiko-Manager die Rennanteile fielen. Er bohrte sich rein in das Thema Formel 1, wollte zum Experten werden. So stieß er unweigerlich auf Ecclestone.

Zwischen den beiden Männern besteht ein ganz eigenes Verhältnis. Die Autorennen haben sie zusammengebracht und auch wieder auseinandergetrieben. Der eine ist weiterhin ständig auf Achse an den Rennpisten zwischen Sao Paolo und Schanghai. Der andere sitzt als Untersuchungshäftling in Stadelheim.

Auf die zweite Frage, warum Ecclestone gezahlt hat, sagt er, dass er zu dieser Zeit „keine andere Möglichkeit gesehen“ habe. Er fürchtete, dass Gribkowsky Informationen über die von Ecclestone finanzierte Stiftung „Bambino Trust“ an die britischen Finanzbehörden weitergeben könnte – „das wäre sehr teuer geworden“. Diese Stiftung, die seiner damaligen Frau gehörte und in der laut Ecclestone zwei Milliarden britische Pfund (2,33 Milliarden Euro) lagerten, galt häufig als steuerbegünstigter Ableger des Formel-1-Machers. So sah das auch Gribkowsky, meint Ecclestone, und so sagte er es ihm immer wieder. Ständig habe es „Anspielungen“ gegeben.

Einige Fotos aus den Jahren 2004 und 2005 zeigen Bernie Ecclestone gemeinsam mit Gribkowsky am Rande von Autorennpisten, in den VIP-Bereichen, etwa in Bahrain. Man sieht darauf immer den kleinen, zerknautschten Briten als uneingeschränkten Chef und im Schlepptau den großen, damals dicklichen Gribkowsky, der als eine Art Lehrling kaum hinterherzukommen scheint.

Unter Federführung Gribkowskys verkaufte die BayernLB schließlich die Anteile an den britischen Finanzinvestor CVC für 675 Millionen Dollar – ein „unerwartet gutes Geschäft“, wie der damalige Vorstandschef Werner Schmidt vor Gericht sagte. Ecclestone war das laut Anklage sehr genehm, er konnte weiter Chef bleiben. Allein Gerhard Gribkowsky, damaliges Jahresgehalt 500 000 Euro, hatte persönlich nichts von dem Deal.

Die Aussage des schillernden Ecclestone war lange erwartet worden. Das meist wirr umherflatternde weiße Haar hat er vor Gericht streng gekämmt. Er spricht leise und zuvorkommend mit dem Richter. Ein Mann der Demut, könnte man meinen. Den halben Tag musste er in München warten, denn die Anwälte des Ex-Bankers überzogen das Gericht erneut mit Befangenheitsanträgen und etwa der Forderung, sämtliche englischen Prozessakten ins Deutsche übersetzen zu lassen.

Hätte Gribkowsky damals den britischen Steuerfahndern seine Vermutung über die Stiftung und ihren wahren Besitzer mitgeteilt, so sagt Ecclestone, dann wäre das für ihn „ein Desaster“ gewesen. Auch wenn die Stiftung unabhängig von ihm arbeitet, wären doch erst einmal 40 Prozent Steuerzahlungen fällig gewesen. Er hätte dann „keine eigene Armbanduhr“ mehr gehabt.

Der 81-jährige Mann, der nur einen Meter 58 misst, schildert den Angeklagten als einen Mann, der sich mit den Formel-1-Anteilen in die Rennserie drängen wollte. „Er hatte genug davon, für die Bank zu arbeiten“, erinnert er sich, „und wollte mein Partner werden.“ Immer wieder kam er mit Geschäftsideen und Vorschlägen. Ecclestone war das offenbar lästig. „Ich brauchte seine Hilfe nicht.“ Es lag wohl auch an seiner britischen Höflichkeit, dass er ihm das nie deutlich mitteilte. „Wir sagen nicht einfach Nein“, meint er. „Wenn wir Nein meinen, sagen wir: Sehen wir mal.“

Gribkowsky ist der Faszination der Formel 1 erlegen – sagt Ecclestone. „Es klingt böse“, erklärt er, „aber er ging in die Falle, in die viele gehen. Die Formel 1 zieht sie magisch an, sie wollen dann ein eigenes Team haben, wollen Chef werden.“ Er habe das schon mehrfach erlebt. Der alte Mann sagt es nicht, aber es ist offenkundig: Wer das anstrebt, wird scheitern. Denn die Formel 1 leitet er, und zwar allein.

Zugleich gibt sich der Brite in München sehr vorsichtig. Ihm wurde freies Geleit zugesichert, er ist von sich aus ohne Zwang gekommen. Auch gegen ihn ermitteln die Staatsanwälte wegen des Verdachts auf Bestechung. Nachdem sich der Trust entschieden hatte, Gribkowsky Geld für Beratung zu geben, legte Ecclestone nochmal dieselbe Summe drauf. Damit wollte er ihn „ruhig, friedlich und freundlich halten – damit er nicht auf dumme Gedanken kommt“.

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