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Gerichtsmedizin: "Kannibale" von Rotenburg: Opfer lebte

Im Mordprozess gegen den "Kannibalen von Rotenburg" hat ein Rechtsmediziner der Darstellung des Angeklagten Meiwes widersprochen. Offenbar lebte das Opfer noch.

Frankfurt/Main - Der 44-Jährige hätte vor seinem tödlichen Stich in den Hals seines Opfers Bernd B. erkennen können und müssen, dass dieser noch lebte, erklärte der Gutachter Manfred Riße am Dienstag vor dem Frankfurter Landgericht. Auf dem Video der Bluttat sei deutlich zu sehen gewesen, dass der bewusstlose B. kurz vor dem Stich noch atmete und mehrfach den Kopf bewegte, sagte der stellvertretende Direktor der Rechtsmedizin an der Universität Gießen.

Meiwes hatte in dem Frankfurter Prozess erneut ausgesagt, er habe B. für tot gehalten. Die auch für ihn grausige Wahrheit, dass er seinen Freund tötete, habe er erst später bemerkt. Die beiden homosexuellen Männer hatten sich im Internet verabredet und im März 2001 auf dem Hofgut von Meiwes im osthessischen Rotenburg an der Fulda getroffen. Meiwes hatte dem 43 Jahre alten B. zunächst den Penis abgeschnitten.

Trotz des starken Blutverlustes hätte der Ingenieur aus Berlin nach Einschätzung des Rechtsmediziners gerettet werden können, wenn sofort ein Notarzt gerufen worden wäre. Zum Zeitpunkt des Messerstichs habe er wegen des großen Blutverlusts vermutlich kurz vor dem Tode gestanden.

Nach Einschätzung des Mediziners hat Meiwes zuvor noch nie eine ähnliche Tat begangen. «Das Video zeigt für mich als Rechtsmediziner, dass Meiwes das erste Mal einen Mann zerstückelt und zerteilt hat», sagte Riße. Er habe sich in vielfacher Weise ungeschickt und unerfahren angestellt.

Gegen Meiwes wird bereits zum zweiten Mal verhandelt, nachdem der Bundesgerichtshof ein erstes Urteil des Landgerichts Kassel zu achteinhalb Jahren Haft wegen Totschlags aufgehoben hatte. In Frankfurt ist der Computertechniker erneut des Mordes angeklagt. (tso/dpa)

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