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Panorama: Geschenke und Arzneien kofferweise

Urlauber in Sri Lanka und Thailand möchten den Flutopfern mit Sachspenden und Geld vor Ort helfen. Hilfsorganisationen raten ab

Ungewöhnlich viel Übergepäck hatten jene Urlauber dabei, die am Wochenende in Frankfurt am Main in einen Ferienflieger in Richtung Sri Lanka und weiter nach Phuket in Thailand stiegen. Es war der erste Touristenflug nach der Flutkatastrophe. Zentnerweise Medikamente, Verbandszeug, Trinkflaschen und Spielsachen füllten zusätzliche Koffer. Und zum Teil auch Geld, das im Bekanntenkreis gesammelt worden war. Es sind keine Katastrophentouristen. Sie wollen helfen, die Menschen in den Flutgebieten unterstützen. Krankenhäuser, Kinderheime, Schulen, Familien – es gibt viele, die etwas brauchen.

Und doch: Hilfsorganisationen halten solche Privatinitiativen für wenig sinnvoll. „Wir verstehen, dass die Menschen von Herzen mehr tun wollen, als von hier aus Geld zu spenden“, sagt Lübbo Roewer, Sprecher des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Letzteres sei aber der einzige Weg, um wirklich zu helfen. Sachspenden gerieten schnell an Personen, die nichts damit anfangen können. Niemand könne etwa Beipackzettel in deutscher oder auch englischer Sprache lesen, womit mitgebrachte Medikamente nutzlos seien. Stephan Stolze vom Kinderhilfswerk Terre des Hommes weist darauf hin, dass gerade die Urlaubsgebiete medizinisch gut versorgt sind. Auch Stolze ist beim Thema Sachspenden skeptisch: „Ohne genaue Kenntnisse der Region ist es schwierig, einen Partner zu finden, um Geschenke weiterzuleiten.“

Das Rote Kreuz rät von hohen Bargeldspenden vor Ort ab. Die Menschen dort hätten vielleicht noch nie so viel Geld in den Händen gehalten, so Sprecher Roewer. Selbst das DRK arbeite nur mit Überweisungen. Auch wenn private Kontakte zu betroffenen Familien bestehen, kann die gut gemeinte Unterstützung schnell Schwierigkeiten mit sich bringen. „Wir warnen davor, soziales Ungleichgewicht zu schaffen“, sagt Hildegard Peters, Sprecherin der Kindernothilfe. Iris Manner von World Vision rät, sich an den Bürgermeister oder eine Kirchengemeinde zu wenden, statt einer einzelnen Familie eine größere Summe zu übergeben. So wie die beiden Männer aus Bayern, die sich am Samstag mit 10000 Euro und 200 Kilo Hilfsgütern auf den Weg nach Thailand machten, um dort einem ganzen 500-Seelen-Dorf zu helfen. Außerdem wollen sie mit gesammelten 200 000 Euro ein Waisenhaus errichten.

Den Bau von Waisenhäusern zu unterstützen, auch dieser Wunsch taucht bei den Reisenden immer wieder auf. Ob es aber Bedarf an solchen Einrichtungen gibt, ist ungewiss. „Das lässt sich zurzeit gar nicht einschätzen“, sagt Terre-des-Hommes-Sprecher Stolze. Für Thailand sieht Lübbo Roewer keine Notwendigkeit. „Unseres Wissens gibt es keinen großen Anteil an Waisen, die nicht in ihren Großfamilien aufgenommen worden sind.“

Der Tenor ist klar: Jeder private Hilfsversuch ist eine noble Geste, doch nur bei Geldspenden an Hilfsorganisationen ist ein koordinierter Einsatz der Mittel gewährleistet. Wer dennoch auf eigene Faust helfen möchte, kann sich zumindest vorab im Internet über mögliche Anlaufstellen informieren. In Sri Lanka koordiniert das „Centre for National Operations“ (www.cnosrilanka.org) die Hilfsmaßnahmen, in Thailand das „Official Tsunami and Disaster Centre“ (www.thaitsunami.com). Janina Niemietz-Walter, Sprecherin der „Aktion Deutschland hilft“, appelliert an Urlauber, das ADH-Koordinierungsbüro in der srilankischen Hauptstadt Colombo nicht als Anlaufstelle zu nutzen. Sie rät, sich vor der Abreise nach Patenschaftsprogrammen des Heimatortes zu erkundigen.

Grundsätzlich haben die Hilfsorganisationen keine Einwände gegen eine Urlaubsreise in die Region. „Wir bitten die Menschen nur, nicht an Orte zu fahren, wo die Verwüstung noch zu sehen ist“, sagt Lübbo Roewer.

Philipp Wittrock

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