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Panorama: Gesegnet sei der Kinderspielplatz

Der Vatikan ist um eine Attraktion reicher – doch für Touristen sind die Schaukeln nicht gedacht

Der Vatikan ist ein selbständiger und unabhängiger Staat. Im Lauf der Jahrhunderte rüstet er sich mit all dem aus, was ein modernes Gemeinwesen so braucht. Neueste Errungenschaft ist – ein Kinderspielplatz.

Für Touristen ist die Anlage nicht gedacht. Es kein Kindergarten für Eltern, die ungestresst durch die Vatikanischen Museen schlendern wollen. Dort, wo der Platz liegt, haben Touristen keinen Zutritt – und der vatikanische Nachwuchs bleibt unter sich.

Kurienkardinal Edmund Casimir Szoka hat das idyllische Flecklein Erde soeben feierlich eingeweiht: Eine kleine Wiese, darauf zwei Schaukeln, ein buntes Spielhäuschen, eine Rutschbahn. Attraktionsverwöhnte Kinder dieser Welt würden da vielleicht mit den Achseln zucken, aber die Bürger des Kirchenstaats sind ob des mit viel Geduld und Beharrungsvermögen erarbeiteten Fortschritts „sehr glücklich“. Das sagt etwa Theresia Mäder. Sie wohnt seit sieben Jahren im Vatikan, ist Mutter dreier Kinder und verheiratet mit dem Kommandanten der Schweizergarde. Neben den Mäders leben hinter den dicken Mauern noch zwölf andere Familien, alles Schweizergardisten und ihre Angehörigen. Macht zusammen, laut Theresia Mäder, „18 oder 19 Kinder von null bis zwanzig Jahren; erst am Sonntag wurde wieder eines getauft.“

Aber müssen die Gardisten – schweizerische Staatsbürger, katholisch, von untadeligem Ruf, mindestens zwanzig Jahre alt und 1,74 Meter groß – nicht ledig sein? Jene schon, die sich für den zweijährigen, normalen Dienst zum Schutz des Papstes und zur Bewachung des Vatikan melden. Für die „Kaderleute“, die Berufsoffiziere, gilt dies nicht. „In den letzten Jahren hat der Vatikan niedrigeren Rängen die Hochzeit erlaubt, Wachtmeistern und Korporälen“, sagt Theresia Mäder, „so lange die Familienwohnungen eben reichen“. Dreizehn gibt es.

Erst im Mai haben 31 neue Rekruten dem Papst ihren Treueschwur geleistet. 110 Mann umfasst die vor 499 Jahren gegründete Truppe, die nur zur Touristenseite hin einen malerisch-folkloristischen Eindruck vermittelt, in Wahrheit aber sehr effizient, modern und mit bester Technik ausgestattet ihren Dienst versieht. Mit den 30 vielsprachigen Angehörigen stellen die Schweizergardisten ein Viertel der Bewohner des Vatikan.

Die „Stiftung der Schweizergarde“ war es auch, die die Kinderspielgeräte beschafft hat; der Vatikan hat das Grundstück beigesteuert. Es liegt unweit des Eingangs zu den Museen, genau dort, wo die mächtige Mauer eine Ecke zurückspringt und bisher schon den Raum für einen Tennisplatz freigegeben hat. „Jetzt ist das einfach toll“, sagt die Frau des Kommandanten: „Die kleinen Kinder können schaukeln, die älteren Tennis lernen. Eine Garderobe mit Nasszelle gibt’s. Und picknicken kann man auch. Die Steckdose haben wir bei der Einweihung schon für den elektrischen Grill genutzt.“

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