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Gesundheit: „Alle sollen zahlen“

Der Kanzler der TU München will bis zu 3000 Euro Studiengebühren verlangen – je nach Fach

Das Verbot von Studiengebühren könnte Ende des Jahres vom Bundesverfassungsgericht gekippt werden. Die meisten Unionsländer wollen dann 500 Euro im Semester vorgeben. Ein guter Ansatz?

Mit einer Einheitsgebühr können wir das Prinzip Wettbewerb vergessen. Wir wollen individuelle Studienbeiträge für einzelne Hochschulen und auch Studiengänge. Wenn die Politik aus Gründen der Rechtssicherheit einen Rahmen vorgeben will, dann sollte sie ihn nicht zu eng fassen. Es müsste möglich sein, je nach Qualitätsstandard etwa bis zu 3000 Euro pro Semester zu erheben.

So teuer könnte ein Studium an der TU München werden?

Wir haben das noch nicht für jedes Fach durchkalkuliert. Was wir haben, ist ein umfassendes Exzellenz-Konzept für die Technische Universität München, das Projekt „ExcellenTUM“, in dem Studiengebühren ein Baustein sind. Unser Ansatz ist: Die Finanzausstattung durch den Staat schöpfen wir zur Qualitätssicherung der Lehre voll aus. Wenn dann noch Wünsche der Studierenden offen sind, müssen wir dieses Delta durch Eigenbeiträge der Studierenden auffüllen. Es geht beispielsweise um bessere Betreuungsverhältnisse etwa von zehn zu eins, systematische Klausurvorbereitungen und Nachhilfe, Turbostudiengänge und hochmoderne PC-Arbeitsplätze.

Wie sollen die Studenten bis zu 3000 Euro pro Semester aufbringen? München ist ohnehin schon eine teure Stadt.

Den größten Anteil an den Kosten des Studiums wird weiterhin der Lebensunterhalt ausmachen. Ein paar hundert Euro an Bildungsbeiträgen sind da der kleinere Anteil. Wir brauchen also ein System für den gesamten Lebensunterhalt: Stipendien, elternunabhängige, sozialverträgliche Darlehen und studienförderliche Jobs für die Studenten.

Was genau plant die TU München?

Es gibt bereits einen Bildungsfonds: Private Investoren vergeben ein auskömmliches monatliches Unterhalts-Darlehen an Studierende, die unseren Eignungstest bestanden haben. Solche Tests wollen wir flächendeckend einführen, denn sie gewährleisten erfolgreiche Studenten. Die Studierenden verpflichten sich, nach dem Abschluss beispielsweise fünf Jahre lang acht Prozent ihres Einkommens zurückzuzahlen. Ebenso einkommensabhängig und folglich sozial gerecht sollten die geplanten Bankdarlehen aussehen: Sie werden zu sechs Prozent verzinst, und je nach Einkommenshöhe zurückgezahlt. Es muss ein Existenzminimum geben, bei dem man nichts zurückzahlen muss.

Ihre Studenten sollen nebenher noch jobben, um ihren Unterhalt zu finanzieren.

Können – nicht sollen, denn Jobben ist an sich nichts Schlechtes. Das Darlehen sollte monatlich 500 Euro für den Unterhalt zuzüglich der Kosten der Studiengebühren betragen. Darüber hinaus wollen wir noch mehr studienförderliche Jobs als bisher anbieten, etwa für Tutoren oder Werkstudenten in Unternehmen. Auf keinen Fall sollen unsere Studenten auf blöde Brotjobs angewiesen sein.

Selbst wenn Sie bis zu 3000 Euro Gebühren verlangen: Wird der Verwaltungsaufwand, das Geld einzutreiben, nicht den Nutzen übersteigen?

Bei uns wäre es null Aufwand, denn wir erheben ja ohnehin schon Studentenwerks- und Verwaltungsgebühren. Wichtig ist, möglichst keine Ausnahmen von der Studiengebühren-Pflicht zu schaffen. Auf keinen Fall darf der Hochschule eine Einkommensprüfung auferlegt werden. Alle sollten zahlen: Entweder mit Hilfe der Eltern oder mit dem Darlehen oder aus einem Hochbegabten-Stipendium.

Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Hochschule die Gebühren behalten darf?

Das muss noch gesichert werden. Die Studienbeiträge müssen als Drittmittel für die Lehre gesetzlich im Landesrecht verankert werden. Auch damit sie nicht die Kapazitäten der Hochschulen rechnerisch erhöhen. Nur so wären die Gebühren dem Zugriff des Finanzministers entzogen und versickern nicht zur Deckung von Haushaltslöchern.

Das Gespräch führte Amory Burchard.

Ludwig Kronthaler (47) ist promovierter Jurist und seit 1997 Kanzler der Technischen Universität München (TUM). Er hat für die TUM ein Modell für „Bildungsbeiträge“ entwickelt.

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