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Gesundheit: Alles begann mit Napoleon

Was hat die Museumsinsel in Berlin mit der Freien Universität zu tun? Zumindest soviel als die Museen im Zentrum Berlins nicht wie im Pariser Louvre ein ehemaliges Schloss in Anspruch nehmen, sondern eigenständige Gebäude.

Was hat die Museumsinsel in Berlin mit der Freien Universität zu tun? Zumindest soviel als die Museen im Zentrum Berlins nicht wie im Pariser Louvre ein ehemaliges Schloss in Anspruch nehmen, sondern eigenständige Gebäude. Und die sind vor dem Hintergrund eines Bildungs- und Wissenschaftsanspruchs entworfen worden. Auch die Berliner Museen legen von der kopernikanischen Wende Preußens nach den Niederlagen gegen Napoleon Zeugnis ab, als der Militärstaat sich zu seiner Wiedergeburt auf die Bildung besann. Dafür ist nicht nur die im Jahre 1810 nach dem großartigen Konzept Wilhelm von Humboldts gegründete Universität in Mitte ein Beispiel, die in ihren besten Jahren den Namen Friedrich Wilhelms trug und heute Humboldt-Universität heißt. Auch die Museen zeugen von einem Geist, der Bildung und Wissenschaft in den Mittelpunkt stellte.

Es gibt also gute Gründe dafür, dass auf dem diesjährigen Ernst-Reuter-Tag, der alljährlich zum Gedenken an die Gründung der Freien Universität im Blockadewinter 1948 begangen wird, der Festvortrag von Klaus-Dieter Lehmann, dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, gehalten wurde. Lehmann setzte einen Akzent mit der Aussage, dass alles mit Napoleon begonnen habe. Er meinte damit jene sechs Jahre an kraftvollen Reformen von oben, die mit den Namen von Stein, Hardenberg und Humboldt verbunden sind: Schulreform, Hochschulreform, Akademiereform.

Im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts konnte an diesen Anspruch aus den Aufbruchjahren angeknüpft werden: So ist die einzigartige Sammlung archäologischer Schätze in Berlin aus den Grabungen deutscher Archäologen entstanden. Die deutsche Archäologie besaß wegen ihrer Wissenschaftlichkeit Weltgeltung.

Wenn schon die damaligen Museumsbauten von dem Geist von Wissenschaft und Bildung geprägt waren, dann ist es in der Sicht von Klaus-Dieter Lehmann nur konsequent, dass auch die künftige Bebauung des Schlossplatzes diesem Geist Rechnung tragen sollte, und zwar deswegen, weil dieser Platz in seiner heutigen Leere keineswegs mehr als die beste Adresse der Republik bezeichnet werden kann. Nach der Verlagerung des politischen Zentrums der Hauptstadt von der Mitte zum Spreebogen um den Reichstag müsse der Schlossplatz eine neue Definition bekommen. Deswegen sei es die Aufgabe der Kultur, diesen Platz zu besetzen und mit einer entsprechenden Ausstrahlung zu versehen. Durch die Nachbarschaft von Dom, Humboldt-Universität, Staatsbibliothek und den Museen Preußischer Kulturbesitz könne diese Ausstrahlung gewährleistet werden. Eine Abrundung sollte die neue Nutzung des Schlossplatzes durch die Verlagerung der Museumsschätze der außereuropäischen Kulturen von Dahlem nach Mitte erhalten. Dadurch könne die europäische mit der außereuropäischen Sicht der Dinge verbunden werden, um die Gleichrangigkeit dieser verschiedenen Kulturen zu manifestieren. Eine Abrundung sollte der Schlossplatz dadurch erhalten, dass in dem Neubau auch Räume für Theater und Konzerte vorgesehen werden.

Zu den Kosten einer solchen Nutzung des Schlossplatzes äußerte sich Klaus-Dieter Lehmann nicht, wohl aber zu den zwei Milliarden, die der Masterplan für die Instandsetzung der Gebäude auf der Museumsinsel erfordert. Nach der Wiedereröffnung der Alten Nationalgalerie am 2. Dezember soll das sanierte Bode-Museum an der Nordspitze der Insel im Jahre 2005 wieder für Besucher zugänglich sein. Im Jahr 2006 ist die Eröffnung des Neuen Museums geplant, das von dem Schinkel-Schüler August Stüler gestaltet worden ist. Für das Jahr 2008 ist der Südflügel des Pergamon-Museums fertig renoviert. Und bis zum Jahre 2010 soll das Alte Museum von Schinkel den Abschluss bilden. Unterirdisch werden die Museen durch Rundgänge miteinander verbunden.

Planungssicherheit kostet Milliarden

Wenn diese Bauten Zug um Zug fertiggestellt werden sollen, dann müssen in jedem Jahr 200 Millionen Mark aufgewendet werden. Schrittweise sei dieser Betrag bis zum Jahre 2005 um jeweils 20 Millionen anzuheben, bis eine Jahressumme von 300 Millionen Mark erreicht ist. Klaus-Dieter Lehmann gehört zu jenen Kulturmanagern, die Berlin eine solche finanzielle Belastung nicht mehr zutrauen. Die Stadt sei nicht mehr in der Lage, wie zu Zeiten der Spaltung, als Berlin vom Bund subventioniert wurde, 50 Prozent der Baukosten aufzubringen. Deshalb müsse sich der Bund engagieren und die Baukosten komplett übernehmen. Alle Beteiligten sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass Kultur heute ein "harter Standortfaktor" sei. Auf der anderen Seite gehöre die Kultur zur Kernkompetenz der Länder. Deswegen müssten sich auch die Länder in der Hauptstadt zeigen. Das sei auch der Grund, weswegen sich Berlin nicht aus dem Betriebshaushalt der Museen und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zurückziehen könne.

Klaus-Dieter Lehmann beendete seinen Vortrag mit der Aussage: "Es geht um die Planungssicherheit für die nächsten zehn Jahre." Unsicherheiten bei der Sanierung der Museumsinsel könne man sich nicht leisten, weil jeder Bau von dem Fortschritt des anderen abhänge.

Uwe Schlicht

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