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Gesundheit: Am Küchentisch erzählt es sich gut eßkultur-Chefin Birgitt Claus übers „Fremdgehen“ beim Essen

Birgitt Claus, Gründerin der Firma „eßkultur", veranstaltet seit 1998 literarische Abende mit passendem viergängigem Menü: Zur Lesung, zum Beispiel aus Texten von Donna Leon, wird serviert, was auch die Protagonisten essen, also Risi e Bisi und Perlhuhn mit Pfeffersauce. „Literatur zum Essen" und„Literarische Geschmacksreisen in Küchen und Kulturen" nennt sie ihr Konzept, für das sie vielfach ausgezeichnet wurde.

Birgitt Claus, Gründerin der Firma „eßkultur", veranstaltet seit 1998 literarische Abende mit passendem viergängigem Menü: Zur Lesung, zum Beispiel aus Texten von Donna Leon, wird serviert, was auch die Protagonisten essen, also Risi e Bisi und Perlhuhn mit Pfeffersauce. „Literatur zum Essen" und„Literarische Geschmacksreisen in Küchen und Kulturen" nennt sie ihr Konzept, für das sie vielfach ausgezeichnet wurde.

Frau Claus, was hat Erzählen, Vorlesen mit Essen zu tun?

Beim gemeinsamen Essen bekommt man eine Verbindung zueinander - und genauso ist es, wenn man gemeinsam eine Geschichte hört. Im Übrigen gibt es ja im richtigen Leben nur wenige Situationen, in denen nicht auch gegessen wird. Ein Stück Leben ist auch immer ein Stück Essen! Jede Geschichte ist ein Teil einer bestimmten Kultur, und für Mahlzeiten gilt dasselbe.

Sie haben für unseren Wettbewerb das Thema „Fremdgehen beim Essen“ vorgeschlagen. Was verstehen Sie darunter?

Immer, wenn man einen neuen Geschmack entdeckt, ist das ein neues Erlebnis. Nicht nur, wenn man das Essen einer anderen Kultur kennen lernt - es kann auch das einer anderen Schicht oder einer anderen Zeit sein. Oder man kommt in eine andere Familie und der gewohnte Eintopf schmeckt ganz anders! Umgekehrt ist man oft enttäuscht, wenn man weit wegfährt, und da gibt es genau dieselben Spaghetti mit Tomatensoße. Das ist ähnlich wie beim richtigen Fremdgehen: Es kann schrecklich langweilig sein ...

Nimmt man denn heute Fremdheit beim Essen überhaupt noch wahr? Schließlich isst jeder heute beim Italiener, morgen beim Chinesen.

Einfach beim Italiener zu essen, ist für mich kein „Fremdgehen". Man muss schon in die andere Kultur eintauchen, sich mit dem Hintergrund beschäftigen. Ein solches Erlebnis hätte man vielleicht heute noch in Sizilien bei einer sizilianischen Mutti, aber nicht beim Pizzabäcker um die Ecke. Da finde ich es schon spannender, in einen asiatischen Laden zu gehen und ganz unbekannte Lebensmittel zu kaufen und sie übers Essen zu streuen.

Erinnern Sie sich an eine besondere Fremdheitserfahrung beim Essen?

Mit 14 bin ich einmal nach der Schule mit zu einer Freundin gegangen, und diese Familie aß am Küchentisch ohne Tischtuch! Ohne weißes Tischtuch! Das war in meiner Familie undenkbar. Das Fremdheitsgefühl muss nicht mit dem Essen an sich zu tun haben - die Situation reicht völlig aus. Übrigens habe ich dabei erfahren, dass der Küchentisch ein sehr kommunikativer Ort ist.

In Ihren Veranstaltungen wird zwischen den Gängen vorgelesen, und die Gerichte stammen aus dem Text, so dass die Gäste die Literatur hören und gleichzeitig schmecken können. Lesen Sie auch privat gerne vor?

Ja, unbedingt. Mein Sohn ist 13, und das ist ja ein schwieriges Alter, in dem man über manche Themen nicht gut reden kann. Da finde ich es sehr schön, wenn man übers Vorlesen Kontakt zueinander findet. Wir machen es uns dafür gemütlich, oft essen wir auch eine Kleinigkeit, aber natürlich nicht passend zum Text. Das genießen wir viel mehr als etwa Fernsehgucken.

Das Gespräch führte Elisabeth Mortier. Kontakt: Büro eßkultur, Richardplatz 25, 12055 Berlin, Tel. 680 89 344, www.esskultur-berlin.de

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