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Gesundheit: Angekommen in Adlershof

Vorposten der Wissenschaft: Auf dem neuen Campus der Humboldt-Universität eröffnen zwei neue Institute

Die neuen Glasfassaden glühen in der späten Herbstsonne. Und die sanierten Fronten der Industriedenkmale und früheren Kasernen verbreiten den Glanz einer neuen Gründerzeit. Adlershof, der Standort der naturwissenschaftlichen Fakultäten der Humboldt-Universität zu Berlin, leuchtet – und soll das neugierige Publikum jetzt scharenweise anziehen. In einer bis zum Donnerstag laufenden Campus-Woche öffnen sich alle Einrichtungen und Institute: In Ausstellungen, Vorträgen und Führungen können Studenten, Wissenschaftler aller Fachbereiche und die interessierte Öffentlichkeit auch die gestern feierlich eröffneten Institute für Geografie und Psychologie erkunden.

Nach fünf Jahren Bautätigkeit ist die Humboldt-Universität endlich in Adlershof angekommen – mit mehr als 7000 Studenten, 100 Professoren und fast 600 wissenschaftlichen Mitarbeitern. Das Land Berlin und die Bundesregierung investierten bislang 550 Millionen Euro. „Von herausragender Bedeutung für den Wirtschafts-, Forschungs- und Technologiestandort Berlin“ sei der Campus Adlershof, hieß es in der Koalitionsvereinbarung des CDU-SPD-Senats von 1999. Und der Wissenschaftsrat befand: In Adlershof werde die enge Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft möglich – und damit „eine zukunftsträchtige Entwicklung der naturwissenschaftlichen Forschung in Berlin“.

Die Vorhut bildeten Ende 1998 Mathematiker und Informatiker, dann erhielten Chemiker und Physiker moderne Laborgebäude und Lehrräume. Dazu entstand mit dem in diesem Sommer eröffneten Erwin Schrödinger-Zentrum ein modernes Kommunikationszentrum. Für die Geografen und Psychologen wurden ehemalige Kasernen des DDR-Wachregimentes umgebaut. Wie bei vielen anderen Instituten bezieht bei den Geografen ein moderner Neubau die historische Bausubstanz mit ein. Denn Adlershof hat als Standort der Luftfahrt-Forschung eine lange Geschichte. Als letztes Institut werden bis 2008 die Biologen aus den verschiedenen Gebäuden in Berlin-Mitte nach Adlershof umziehen.

Mit der Humboldt-Universität ist neues Leben nach Adlershof gekommen, das steht fest. Heute strömen bereits mehr Menschen zur Arbeit auf das Gelände als vor der Wende. Früher saßen in Adlershof die Akademie der Wissenschaften der DDR, der DDR-Fernsehfunk und das Wachregiment des Ministeriums für Staatssicherheit.

Die Menschen sind da, aber sie hadern mit den Verkehrsproblemen. Der Wirtschaftsstandort und außeruniversitäre Institute sind durch die viel befahrene Rudower Chaussee getrennt. Auf der Chaussee, die das Adlergestell mit Rudow und Neukölln verbindet, staut sich der Verkehr in der Rush Hour an den S-Bahngleisen, deren Damm nur eine schmale Zufahrt offen lässt. In diesem Nadelöhr sitzen Busse und Straßenbahnen fest. „Da bleibt nur der Weg zu Fuß“, klagt Informatikstudent Udo Reumling. Für seinen Weg von der S-Bahn zum Institut quer über das weitläufige Geländes braucht er gut zwanzig Minuten. Und 25 Fahrzeit vom Bahnhof Friedrichstraße kommen für viele Studenten oft mehrmals täglich hinzu. Denn fast alle sind Pendler. Kaum jemand lebt in Adlershof, und viele absolvieren Teile ihres Studiums weiterhin in Instituten am zentralen Humboldt-Campus in Mitte. Die Naturwissenschaften haben in Adlershof ihre eigene Welt – aber die liegt weit draußen. „Das erschwert es mir, verschiedene Fächer zu kombinieren“, sagt Medizinstudentin Andrea Kratzer, die in die Physik „hineinschnuppern“ will. Sie fürchtet, dass auf dem langen Weg von Unter den Linden nach Adlershof die interdisziplinäre Arbeit auf der Strecke bleibt.

Die Institutsbauten sind im wesentlichen fertig gestellt: Architektur mit geraden Linien, Fassaden aus Glas, Blech und Stahl. Dahinter verbergen sich moderne Großgeräte und Labore, voll gestopft mit Elektronik und anderen Versuchsapparaten. Bis tief unter die Erde reichen ihre Versorgungsschächte und Fundamente, um Schwingungen durch den Straßenverkehr oder andere Störungen zu dämpfen. Das Fundament des neuen Physikgebäudes ist zweigeteilt: Um zu verhindern, dass Erschütterungen aus dem Mega-Gauß-Labor, wo hohe Magnetfeldstärken durch Explosionen erzeugt werden, auf andere Physiklabore übergreifen. An dieser Schnittstelle funktioniert die Stadt der Wissenschaft reibungslos.

Herzstück des Campus in Adlershof ist aber das Erwin Schrödinger-Zentrum mit seinen Hörsälen, Multimediatechnik, Rechenzentrum, sämtlichen naturwissenschaftlichen Bibliotheken und einem Lesecafé. Dort fühlen sich die Studenten sichtlich wohl – weil ihre Bedürfnisse ernst genommen werden. Erst mit dem Kommunikationszentrum kam die Universität wirklich in Adlershof an.

Die Campuswoche im Internet:

www.hu-berlin.de/campuswoche

Heiko Schwarzburger

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