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Gesundheit: Anklicken und Runterladen

"Ich verstehe nicht, warum uns immer unterstellt wird, wir würden Beihilfe zum Betrug leisten." Ulrich Setzermann, Geschäftsführer des Internetdienstes "student-online", ist ärgerlich.

"Ich verstehe nicht, warum uns immer unterstellt wird, wir würden Beihilfe zum Betrug leisten." Ulrich Setzermann, Geschäftsführer des Internetdienstes "student-online", ist ärgerlich.Bei Bibliotheken käme doch auch niemand auf die Idee, Schilder mit der Aufschrift "Wer Inhalte kopiert, wird exmatrikuliert" anzubringen! Nun entspricht das Angebot von student-online aber nicht gerade dem einer klassischen Bibliothek: 356 studentische Hausarbeiten aus 63 Fachrichtungen stehen unter der Internetadresse http://www.student-online.de zum kostenlosen Herunterladen zur Verfügung.Ein Service, der täglich von 2000 Besuchern angeklickt wird.

Es klingt wie die Erfüllung aller studentischen Träume: Einfach anklicken, runterladen, und schon ist die Hausarbeit fertig.Das entspricht allerdings nicht dem Konzept der Macher.Ohne Augenzwinkern behaupten sie: "Wir wollen ein Forum bieten, in dem die Hausarbeiten von mehr Menschen, als nur den jeweiligen Dozenten gelesen werden können.Außerdem soll das wissenschaftliche Arbeiten der Studenten erleichtert werden." Daß ihnen trotzdem öfters der Vorwurf gemacht wird, sie würden durch ihr Archiv Schummelhilfe leisten, ärgert sie.

Im Archiv von "student-online" lassen sich Arbeiten aus den verschiedensten Fachbereichen finden.Von "Modernes Hefemanagement in Gärkellern" (Brauereitechnolgie) bis zu Informationen über den "Ersten attisch-delischen Seebund" (Alte Geschichte) ist die Palette breit gefächert.Die Hausarbeiten können über ein Fächerverzeichnis oder durch Eingabe von einzelnen Stichwörtern gesucht werden.Zum Bedauern der "online"-Organisatoren sind dabei die Geisteswissenschaften etwas schwach vertreten.So gibt es beispielsweise 62 Arbeiten der Betriebswirtschaftslehre, aber nur sechs "Werke" zur Kunstgeschichte.Sollte ein Literaturwissenschaftler aber enttäuscht sein, weil er in seinem Fach gar keine Hausarbeit findet, so kann er trotzdem auf den Seiten verweilen und in den Stellenmarkt oder die Studienplatztauschbörse gucken.Mit Rubriken dieser Art hat student-online seinen Service für die studentischen Besucher erweitert.

Entstanden ist die Idee zur digitalen Hausarbeitenbibliothek im Wintersemester 97/98.Zu diesem Zeitpunkt studierte Ulrich Setzermann noch Betriebswirtschaft an der FHTW Berlin.Für die Anfertigung einer Hausarbeit recherchierte er im Internet und stieß so auf private Homepages, auf denen Studenten ihre Hausarbeiten veröffentlichten.Bei einem Gespräch in der Mensa kam er zusammen mit seinem Kommilitonen Claus Hirssig auf den Gedanken, diese Arbeiten zu sammeln und sie auch anderen Studenten zur Verfügung zu stellen.Während in den USA ähnliche Angebote schon seit einiger Zeit existierten, waren sie damals auf dem deutschsprachigen Online-Markt noch relativ unbekannt.Um ihre Idee in die Tat umzusetzen, holten sich die beiden Betriebswissenschaftler noch den 25jährigen Informatik-Studenten Thomas Hartwig ins Team.

Wer vor hat, aus den Arbeiten zu zitieren, sollte auf jeden Fall einen kritischen Blick auf die Qualität des Inhalts werfen.Denn dafür übernehmen die Macher von student-online keine Verantwortung.Aufgenommen werden alle Arbeiten, die bestimmten formalen Kriterien entsprechen.Zwingend ist nur die Angabe von e-mail Adresse, Hochschule und Dozent.Momentan allerdings stagniert die Neuaufnahme: 80 Hausarbeiten warten noch auf Durchsicht und Aufnahme ins Verzeichnis.Der Grund für die Vernachlässigung des Archivs: Die Betreiber von "student-online" haben für dieses Projekt kein Geld mehr, erklärt Hartwig.Und bis ein Sponsor gefunden ist, werden die 356 Arbeiten im Archiv nicht mehr von ihrem virtuellen Staub befreit.

MAJA SCHWEER

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