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Gesundheit: AStA-Finanzen: Teure Genossen, teures Feindbild

Ein bisschen Partisanenkampf, ein bisschen Räuber und Gendarm, ein bisschen wie bei den großen Parteien: Die hochschulpolitischen Studentengruppen an den Berliner Universitäten liefern sich zurzeit einen erbitterten Schlagabtausch. "Veruntreuung, Missbrauch öffentlicher Gelder und illegale Ausgaben" wirft beispielsweise der unionsnahe Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) den Allgemeinen Studentenausschüssen vor.

Ein bisschen Partisanenkampf, ein bisschen Räuber und Gendarm, ein bisschen wie bei den großen Parteien: Die hochschulpolitischen Studentengruppen an den Berliner Universitäten liefern sich zurzeit einen erbitterten Schlagabtausch. "Veruntreuung, Missbrauch öffentlicher Gelder und illegale Ausgaben" wirft beispielsweise der unionsnahe Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) den Allgemeinen Studentenausschüssen vor. An FU, TU und HU dominieren so genannte linke Mehrheiten die Studentenparlamente und damit den jeweiligen AStA. Ein Bericht des Landesrechnungshofes goss zusätzlich Öl ins Feuer: Berlins oberste Buchprüfer hatten in einigen Fällen die Vergabepraxis der ASten für studentische Projektgelder moniert.

Bis zu 260 Mark zahlen Berliner Studenten verpflichtend als Semesterbeitrag, aus dem beispielsweise Mensen und Beratungsangebote bezuschusst werden. Auch den ASten und Studentenparlamenten stehen daraus für studentische Projekte je nach Größe der Hochschule etliche Hunderttausend Mark zur Verfügung. Für den AStA der FU kommt sogar knapp eine Million zusammen. "An der TU sind es rund 800 000 Mark", bestätigt die AStA-Vorsitzende der TU, Katja Jana.

Kritik wurde laut, weil der TU-AStA rund 6000 Mark zuschoss, um Informationsfahrten von Studenten in die Türkei zu bezahlen. Sie wollten sich dort ein Bild über die Situation der Menschenrechte machen. "3276 Mark gab der TU-AStA aus, um ein Straßenfest gegen die Berliner Innenstadtpolitik zu unterstützen", rechnet Tim Peters vom RCDS vor. Seine Organisation hat bundesweit in den letzten Jahren immer wieder Klagen gegen verschiedene ASten angestrengt, die sich gegen Äußerungen zu allgemeinpolitischen Fragen richteten. Peters hat sich die Mängelliste des Rechnungshofes angesehen. "Einen Bezug zur Hochschule können wir nicht erkennen", meint er. Das ist jedoch die Bedingung für eine Verwendung der Gelder. Den Studentenvertretungen wird nämlich kein allgemeinpolitisches Mandat zugesprochen, da die Studenten zu ihrer finanziellen Unterstützung verpflichtet sind. Kritisiert wird auch noch, dass für die Flugtickets für zwei Studentinnen zu einem Lesben-Kongress in Rio de Janeiro weitere 2734 Mark ausgegeben wurden. Für Broschüren und Flugblätter unter anderem der Anti-Atomkraft-Bewegung gingen 3765 Mark drauf.

"Wer finanzielle Unterstützung haben möchte, stellt einen formlosen Antrag an den AStA", erläutert Katja Jana. "Alle zwei Wochen donnerstags trifft sich das Finanzplenum, dort wird über Projektanträge entschieden." Dieses Finanzplenum tagt öffentlich. "Wir lehnen alle Anträge ab, die sich direkt auf Lehrveranstaltungen beziehen", grenzt sie jedoch sofort ein. "Wir sind nicht dazu da, die Lücken im Etat der Uni zu stopfen." Schriftliche Richtlinien für die Vergabe studentischer Projektgelder gibt es nicht. "Durch die öffentlichen Sitzungen erreichen wir genug Transparenz", meint die AStA-Vorsitzende. "Jeder Student kann die Protokolle des Finanzplenums und die Rechenschaftsberichte bei uns einsehen." Im gleichen Atemzug betont sie jedoch, "dass wir uns als linker AStA verstehen, als politisches Gremium." Ein Förderantrag des RCDS könnte durchfallen. "Die versuchen das gar nicht erst", bestätigt Katja Jana.

Die Politisierung der ASten dürfte sich auch bei einer "Machtübernahme" durch den RCDS oder Jungliberale kaum ändern. Obwohl durch die Uni-Verfassungen, die Hochschulgesetze und diverse Gerichtsurteile dazu angehalten, sich bei Äußerungen und der Geldvergabe auf Hochschulfragen zu beschränken, reizen die Studentenvertreter den Ermessensspielraum ihrer Entscheidungen immer wieder aus: Vom Referentenrat der Humboldt-Universität flossen im Jahr 1999 rund 2300 Mark in ein "Grenzcamp zur Situation illegaler Flüchtlinge", fast 1000 Mark in Protestaktionen gegen ein Bundeswehrgelöbnis und 900 Mark in eine Friedensfahrt nach Belgrad. Zwar erging mittlerweile eine Anordnung des Berliner Verwaltungsgerichtes, mit dem die Richter das politische Mandat des HU-Referentenrates einschränkten. Eine Grauzone bleibt.

Auf ganz taube Ohren stieß die Kritik des Landesrechnungshofes jedoch nicht. "Wir werden uns die Reisekostenordnung und die Satzung unserer Studentenvertretung noch einmal ansehen müssen", kommentiert William Hiscott, der Finanzreferent des HU-Referentenrates. "Wir brauchen bei der Freigabe unserer Mittel besser nachvollziehbare Zuständigkeiten und klare Entscheidungswege." Um die Bücher des Referentenrates in Zukunft sauber zu halten, wurde die Universität um Amtshilfe gebeten. Jährlich gibt der Referentenrat auch einige Zehntausend Mark für Mietkautionen, Darlehen oder Nothilfen für verarmte Studenten aus. Bislang erfolgte die Eintreibung dieser Außenstände zu schleppend. Das könnte nun die HU-Haushaltsabteilung bei der Einschreibung mit erledigen.

Der AStA der Freien Universität rückte noch nicht ins Visier der Prüfer, doch auch dort gibt es keine verbindliche Liste, in der die Kriterien für die Vergabe studentischer Projektmittel fest geschrieben sind: eine offene Flanke für neue Grabenkämpfe mit dem RCDS. "Natürlich könnten wir transparente Kriterien veröffentlichen", meint Anette Zimmermann, im FU-AStA seit einem Jahr für die Finanzen zuständig. "Aber ich sehe an unserer Vergabepraxis kein Problem. Wer sein Projekt gut begründet, kann auch mit unserer Unterstützung rechnen." Wie an der TU reichen die Studenten ihre Anträge ein, darüber wird alle zwei Wochen befunden. Auslandsreisen werden an der FU generell vom Studentenparlament entschieden. Der AStA unterstützt neben linken Gruppen auch den Frauensport und Projekttutorien, für die der Etat der Universität in den letzten Jahren dahin schmolz wie Schnee in der Sonne.

An der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) hatte der AStA rund 4800 Mark ausgegeben, als er die Vertreter der Industrie im neuen Kuratorium der Hochschule angemessen ausführen wollte: Man dinnierte im Adlon-Hotel am Pariser Platz. Für Ausgaben über 1000 Mark ist an der FHTW das dem AStA übergeordnete Studentenparlament zuständig. "Damals lief wohl nicht alles glatt", erinnert sich Frank Lorenz, seit einem Jahr AStA-Vorsitzender an der FHTW. "Es gab eine außerordentliche Sitzung des Studentenparlamentes, in der darüber entschieden wurde. Da waren wohl zu wenig Leute anwesend." Der AStA der FHTW ordnet sich als unpolitisch ein. Seine Mittel fließen in den Hochschulsport oder in soziale Projekte. Doch selbst dabei gibt es eine Grauzone: "So förderten wir ein Projekt in einem Dorf in Sri Lanka, wo unsere Studenteninitiative eine Werkstatt baute", gibt Frank Lorenz ein Beispiel. "Das waren 4000 Mark. Da hat der Rechnungshof ganz schön geschluckt."

Heiko Schwarzburger

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