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Gesundheit: Bayerns starke Hauptschüler

Im neuen Pisa-Test liegt der Süden wieder vorn. Doch die ostdeutschen Schulen nutzen ihre Spielräume am besten

Berlins Hauptschüler sind bundesweit die schwächsten in Mathematik. Das geht aus dem ausführlichen Pisa-Vergleich hervor, der am heutigen Donnerstag veröffentlicht wird und dem Tagesspiegel vorliegt. Danach erreichen Berlins Hauptschüler nur einen Mittelwert von 374 Punkten, weit unter dem OECD-Mittelwert von 500 Punkten. Am stärksten schneiden die Hauptschüler in Bayern ab. Sie erreichen in Mathematik einen Mittelwert von 462 Punkten. Es folgen die Schüler in Baden-Württemberg mit 436 Punkten und die Hauptschüler in Rheinland-Pfalz mit 424 Punkten. Dahinter liegen die Hauptschüler in Schleswig-Holstein und Niedersachsen, die den Mittelwert 410 erreichen. Die Hauptschüler in Nordrhein-Westfalen liegen in Mathematik bei einem Mittelwert von 401 Punkten. Die Hauptschüler in Hessen erzielen 394 Punkte, die in Hamburg 379 Punkte. Bremen liegt mit 381 Punkten nur knapp vor Berlin. Sachsen, Sachsen-Anhalt, das Saarland, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen haben keine Hauptschulen.

Ein Faktor, der die enormen Unterschiede zwischen den Mathematik-Leistungen der Hauptschulen erklärt, ist der Anteil der Schüler, die Hauptschulen besuchen. In Bayern gehen ein Drittel (32,2 Prozent) der 15-Jährigen auf eine Hauptschule, in Berlin nur 11,2 Prozent. Schülerstarke Hauptschulen haben auch Schleswig-Holstein (29,3 Prozent), Niedersachsen (28,3 Prozent), Baden-Württemberg (27,9 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (26,6 Prozent). Zu den Ländern mit schwach ausgebauten Hauptschulen gehören neben Berlin, Hamburg (10,6 Prozent) und Hessen (15,6 Prozent). Weil die Schulsysteme der einzelnen Bundesländer sehr unterschiedlich sind, wehren sich die Forscher und die Schulminister gegen einen direkten Vergleich der Länder.

Unter den zwölf Bundesländern, die Realschulen haben, liegt Berlin in Mathematik wiederum weit hinten, an zehnter Stelle (483 Punkte), fast gleich auf mit Brandenburg (484). Auch hier sind die Jugendlichen in Bayern die stärksten (561 Punkte), gefolgt von denen in Baden-Württemberg (527 Punkte) und in Schleswig-Holstein (517 Punkte). Das Schlusslicht bildet Bremen, dessen Realschüler in Mathematik nur einen Mittelwert von 460 Punkten erzielen. Nur knapp darüber liegt Hamburg mit einem Mittelwert von 463 Punkten. Zu den Ländern, deren Realschulen besonders breit ausgebaut sind, gehören Niedersachsen, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Bremen und Hessen. Hier besucht etwa ein Drittel der Schüler die Realschule. Ähnlich fällt der Vergleich der Mathematik-Kompetenzen auch bei den Gymnasien aus: Die Stadtstaaten Bremen, Berlin und Hamburg liegen mit Brandenburg auf den hinteren Plätzen (siehe auch Seite 9).

Die Pisa-Forscher haben auch untersucht, welche Probleme Schulen haben, welche Handlungsspielräume ihnen offen stehen und wie sie diese nutzen. 59 Prozent der Schulleiter berichten von „erheblichen Problemlagen“ an ihrer Schule. Doch 27 Prozent dieser Schulen nutzen ihre Handlungsspielräume nicht, sie gelten als „passive Schulen“. In diesem Zusammenhang stellen die Forscher den Gesamtschulen ein gutes Zeugnis aus. 72 Prozent aller Gesamtschulen gehörten zu dem Typus der „aktiven Schulen, die sich durch eine intensive Nutzung vorhandener Handlungsspielräume auszeichnen“ – etwa durch den Einsatz von Evaluationsverfahren, Aktivitäten zur Kooperation im Lehrerkollegium oder die Integration von Eltern in schulische Aktivitäten. Im Bundesdurchschnitt liegt dieser Anteil bei 47 Prozent. Weit unter diesem Wert liegen die Gymnasien. Nur 37 Prozent können hier zu den „aktiven Schulen“ gerechnet werden. Die meisten „aktiven Schulen“ (alle Schultypen) gibt es in Thüringen (76 Prozent), am wenigsten in Niedersachsen (35 Prozent). Schulen in ostdeutschen Ländern nutzen Gestaltungsräume häufiger aktiv als die in den alten Ländern, besonders dann, wenn die Schulleiter große Probleme sehen. Die meisten mit Problemen belasteten Schulen gibt es in Bremen (82 Prozent), die wenigsten in Baden-Württemberg (45 Prozent).

Für Deutschland weisen die Pisa-Forscher einen engen Zusammenhang zwischen den Mathematik-Kompetenzen und der sozialen Herkunft nach. Am deutlichsten zeigt sich dieser in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Bremen. Am schwächsten ist er in Brandenburg, Bayern, Thüringen und Sachsen ausgeprägt. Die Fünfzehnjährigen unterschiedlicher sozialer Herkunft verteilen sich in Deutschland nicht gleichmäßig auf die Schularten. 61 Prozent der Gymnasiasten kommen aus dem Viertel der Gesellschaft, das ökonomisch, sozial und kulturell am stärksten ist. Aus dem sozial schwächsten Viertel kommen nur acht Prozent der Gymnasiasten. Die Wahrscheinlichkeit für Kinder mit starkem sozioökonomischen Hintergrund, aufs Gymnasium zu gehen, ist in Bayern und Sachsen-Anhalt bei gleicher kognitiver Kompetenz mehr als sechs Mal höher als für Schüler mit schwachem sozioökonomischem Hintergrund (bundesweit hat ein Kind aus einer bildungsnahen Familie eine vier Mal höhere Chance). Auch in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg spielt der soziale Hintergrund eine große Rolle dabei, ob ein Schüler aufs Gymnasium geht. Gemessen an bundesdeutschen Verhältnissen unterdurchschnittlich ausgeprägt ist dieser Zusammenhang in Hessen, Berlin, Niedersachsen und Brandenburg.

Schüler mit Migrationshintergrund schneiden bei Pisa deutlich schlechter ab als Schüler mit deutschen Eltern. Bis zu 105 Punkte liegen im Schnitt zwischen diesen beiden Schülergruppen. 62 Punkte entsprechen einem Unterschied von anderthalb Schuljahren. So erreicht ein „fremdsprachiger“ Schüler, also einer, der im Alltag eine andere Sprache als Deutsch spricht, in Bayern in der mathematischen Kompetenz im Schnitt nur etwa 425 Punkte, ein bayerischer Schüler deutscher Herkunft im Schnitt 560 Punkte. Den größten Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund haben Bremen (35,8 Prozent), Hamburg (34,6 Prozent) und Baden-Württemberg (31,6 Prozent). Am wenigsten ausländische Schüler gibt es in den ostdeutschen Ländern (Thüringen: 3,6 Prozent, Sachsen-Anhalt: 4,4 Prozent).

Deutschlands Schüler benutzen den Computer im Unterricht im Vergleich zu anderen OECD-Ländern wenig. Nur 21 Prozent sagen, dass sie mehrmals in der Woche in der Schule am Computer arbeiten (im OECD-Schnitt sagen dies 39 Prozent der Jugendlichen). Allerdings gibt es zwischen den Ländern große Unterschiede. Während die Schüler in Bayern und Brandenburg dem OECD-Schnitt noch am nächsten kommen – hier arbeiten 34 respektive 31 Prozent der Schüler regelmäßig mit dem Computer – sind es in Thüringen nur 13, in Sachsen-Anhalt nur 14 Prozent. International nutzen die dänischen (65 Prozent) und australischen Schüler (58 Prozent) den Computer am häufigsten.

Die schwache Quote, mit der der Computer an deutschen Schulen eingesetzt wird, benachteiligt vor allem Schüler, die keinen Computer zu Hause haben, wie aus der Studie ersichtlich wird. Auch profitieren 15-Jährige, die einen Computer besitzen, stärker vom Computereinsatz in der Schule als solche ohne Computer. Es kommt zu einem „Schereneffekt“, schreiben die Forscher. Allerdings gibt es auch Bundesländer, denen es gelingt, diesen Effekt zu vermeiden, etwa Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.

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