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Gesundheit: Beton mit Durchblick

Glasfasern leiten Licht durch meterdicke Wände

Beton verkörpert Undurchlässigkeit und Stabilität. Bauten aus Beton werden oft als brutal empfunden. Doch es gibt auch Liebhaber des aus Zement, Sand, Kies, Wasser und Zusatzstoffen gemischten Baustoffs, die ihn als „Marmor des 20. Jahrhunderts“ bezeichnen. Jetzt kommt eine neue Ästhetik dazu: Beton wird lichtdurchlässig und lässt Gegenstände oder Personen wie durch japanisches Reispapier schimmern.

„Das bewirken die Glasfasern“, sagt Andreas Bittis. Der Aachener Architekt hatte zusammen mit seinem ungarischen Kollegen Áron Losonczi die Idee, die lichtleitenden Eigenschaften solcher optischen Fasern zu nutzen. „Das Prinzip stammt schon aus den 1920er Jahren“, sagt Bittis. Konkrete Anwendungen habe es aber nicht gegeben. Bis Loszoni, der in Budapest und Stockholm Architektur studierte, die richtige Mischung austüftelte. „LiTtraCon“ (Light Transmitting Concrete) nennen die jungen Existenzgründer ihre Produkte aus 95 Prozent Beton und fünf Prozent Glasfasern.

Im südungarischen Csongrád werden die Prototypen produziert, so auch die lichtdurchlässige Betonwand, die bei Präsentationen im „Royal Institute of British Architecture“ in London oder im „National Building Museum“ in Washington DC Aufsehen erregten. „Seit Anfang des Jahres habe ich 2500 E-Mails bekommen", sagt Bittis. „Große Architekten“, wie Norman Foster oder Jean Nouvel seien an Projekten interessiert.

Aber auch weniger berühmte Bauherren könnten sich für das Phantasie anregende Material begeistern, doch sollte der Einsatz gut geplant sein, schließlich kostet der Kubikmeter 50000 Euro. Den Preis rechtfertigt Bittis mit der aufwendigen Produktion. Der Beton wird schichtweise hergestellt. Auf jeweils zwei Millimeter Beton folgt ein Gewebe aus Glasfasern. „Es ist wie beim Lasagne machen“, erklärt Bittis. Vorsicht ist aber geboten, denn die spröden Glasfasern brechen leicht, dann können sie das Licht nicht mehr leiten. In eine Platte – zehn Zentimeter hoch, 20 Zentimeter tief und 20 Zentimeter breit – passen immerhin 400000 Fasern. Unterschiedliche Effekte lassen sich durch die Variation der Faserdicke von zwei tausendstel Millimetern bis zu zwei Millimetern erzielen.

Die statischen Eigenschaften des Licht-Betons werden derzeit an der TU Budapest ermittelt. Wegen des Glasfasergehalts von nur fünf Prozent erwartet man keine wesentlichen Abweichungen von herkömmlichem Beton. Der Einsatz für tragfähige Außenwände wäre dann möglich. Die dürften bis zu zwanzig Meter dick sein, ohne dass Verluste bei der Lichtleitung auftreten. Platten aus diesem Material könnten dunkle Wege beleuchten. Auch im Tiefbau ließe sich der Beton einsetzen, etwa für Verkehsleitsysteme, bei denen die Glasfasern als Informationskanäle dienen.

Paul Janositz

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