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Gesundheit: Bildungsaufwendungen auch bei Grundschulen nur Durchschnitt

Der internationale Blick kann hilfreich sein, und er soll nach dem Willen der hochindustrialisierten Länder in der OECD auch zeigen, wo der Trend in der Bildung hingeht. Was es bedeutet, wenn durch internationale Tests seit Jahren den Deutschen immer wieder vorgehalten wird, dass sie im mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht von der Mittelstufe bis zur Oberstufe nur Mittelmaß abliefern, haben wir leidvoll zu spüren bekommen.

Der internationale Blick kann hilfreich sein, und er soll nach dem Willen der hochindustrialisierten Länder in der OECD auch zeigen, wo der Trend in der Bildung hingeht. Was es bedeutet, wenn durch internationale Tests seit Jahren den Deutschen immer wieder vorgehalten wird, dass sie im mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht von der Mittelstufe bis zur Oberstufe nur Mittelmaß abliefern, haben wir leidvoll zu spüren bekommen. Dass die Deutschen im Lande von Beuth, Siemens, Einstein und Planck von etlichen asiatischen Ländern, aber auch nordeuropäischen Staaten übertroffen werden, hat bisher die Öffentlichkeit schockiert, aber die Schulen noch nicht verändert.

Denn nach der Volksweisheit, was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr, verschärfen sich die Fehler nach der Unterstufe, wo die Kinder noch aufgeschlossen für die Technik sind, immer mehr. Je älter die Schüler werden, um so größere Probleme haben sie mit dem naturwissenschaftlichen Unterricht, weil die Lernanforderungen und das Methodenverständnis harte Arbeit erfordern, wenn nicht eine außergewöhnliche Begabung vorliegt. Dass es anderen Ländern weltweit gelingt, auch die Schüler ohne herausragende Begabung in Mathematik und im Naturwissenschaften besser zu motivieren und zu höheren Leistungen zu veranlassen, ist seit Jahren bekannt.

Die Deutschen lassen sich aber viel Zeit mit einer Änderung des Unterrichts in diesen Fächern: Erst werden Modellversuche und umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen gestartet, bis die methodischen und didaktischen Konsequenzen gezogen werden. Deutschland hätte Zeit gewinnen können, wenn es die erfolgreichen ausländischen Vorbilder abgekupfert hätte. Aber das entspricht nicht deutscher Mentalität. Jetzt potenzieren sich die Versäumnisse in einer nicht ausreichenden Nachfrage der Abiturienten nach Studienplätzen in den anspruchsvollen naturwissenschaftlichen und ingenieurwissenschaftlichen Fächern. Am Ende der Skala steht der Mangel an Informatikern und Ingenieuren in der Wirtschaft.

Diesem negativen Befund, der aus den vergleichenden Analysen der OECD hervorgeht, stehen auf der anderen Seite positive Ergebnisse im deutschen Schulsystem gegenüber. Im Fremdsprachenunterricht liegt die Bundesrepublik im OECD-Vergleich auf einem guten Platz. 21 Prozent der Schulstunden werden dafür aufgewendet. Das ist fast doppelt so viel wie im OECD-Durchschnitt (11 Prozent). Überhaupt nimmt die Bundesrepublik eine Spitzenstellung bei den fortgeschrittenen Bildungsabschlüssen ein: Nur Neuseeland und Japan übertreffen Deutschland unter 23 Ländern im OECD-Vergleich bei der Zahl der Abschlussquoten in der Sekundarstufe II. Alle drei kommen über 90 Prozent, der OECD-Durchschnitt liegt bei 70 Prozent. Das gute Ergebnis ist eine Folge des gut ausgebauten Systems der dualen Berufsausbildung und der differenzierten Qualifikationswege über Fachoberschulen zum Fachabitur und über Gesamtschulen und Gymnasien zum Abitur.

Grundschulen vernachlässigt

Die Erfolge der Sekundarstufe II sind die positive Seite, die Vernachlässigung der Grundschulen steht auf der negativen Seite. Das zeigt sich bereits an der Relation von Schülern zu Lehrern und damit an der Betreuungsdichte oder Klassengröße: 11 Schüler kommen in Ungarn auf einen Lehrer im Primarbereich, in Neuseeland sind es 24 Schüler, in Irland 22 und Deutschland 21 Schüler. Der Durchschnitt der OECD-Länder liegt bei 17 Schülern pro Lehrer. Diese schlechte Position machen die Deutschen in der Mittelstufe etwas wett: Neuseeland, Kanada (22 Schüler pro Lehrer), Japan und die USA haben ungünstigere Schüler-Lehrerverhältnisse als Deutschland, aber immerhin kommt Deutschland dem OECD-Mittelwert von 15 Schülern sehr nahe. Österreich erreicht einen Spitzenwert von 9,5 Schülern.

Die unterschiedliche Lehrerdichte schlägt sich auch in den Bildungsaufwendungen nieder: Die deutschen Aufwendungen pro Primarschüler liegen erheblich unter dem OECD-Durchschnitt: In Deutschland sind das 6880 Mark im Jahr, im OECD-Durchschnitt 7702 Mark. Deutschland erreicht hier mit den Niederlanden und Großbritannien nur das hintere Feld. Japan, Österreich, Dänemark, Norwegen, Schweden, die Schweiz und die USA geben für den Primarbereich wesentlich mehr aus.

In der Mittelstufe bessert sich das Bild ein wenig: Hier wendet Deutschland pro Schüler 9304 Mark auf, im OECD-Durchschnitt strengen sich die meisten Länder mehr an: Da werden 9582 Mark aufgewendet. Erst im Sekundarbereich II, also der Oberstufe an den Schulen und in der Berufsausbildung, ändert sich das. Hier liegt Deutschland mit der Schweiz, Österreich, Dänemark, Belgien und den USA in der Spitzengruppe der OECD-Länder. Der OECD-Durchschnitt beträgt 10 000 Mark pro Schüler.

Finanzvergleiche sagen nicht alles, aber immerhin gibt zum Beispiel der prozentuale Anteil, den die Bildungsausgaben im gesamten staatlichen Budget einnehmen, Hinweise über den Stellenwert der Bildungspolitik. Da steht Deutschland im internationalen Vergleich beschämend auf dem letzten Platz - wenn man eine Bilanz der Aufwendungen von der Grundschule bis zu den Hochschulen zieht. Die Polen erreichen einen Spitzenplatz mit nahezu 23 Prozent, Neuseeland, Norwegen, Korea, die USA und Ungarn folgen mit Aufwendungen zwischen 15 und 19 Prozent. Deutschland erreicht noch nicht einmal zehn Prozent.

Der Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt ergibt ein günstigeres Bild: Da nimmt Deutschland eine Position knapp unter dem Durchschnitt mit 5,7 Prozent ein. Der OECD-Durchschnitt beträgt 5,8 Prozent. Korea führt mit über sieben Prozent vor Schweden mit knapp sieben Prozent und den USA mit 6,9 Prozent. Dänemark, Kanada, Österreich, Finnland, Frankreich, Polen, die Schweiz und Portugal stehen noch besser da als das reiche Deutschland.

Spitze sind wir dagegen bei den Lehrergehältern und leider auch bei den Studienzeiten. Die Lehrer in Deutschland haben die längsten Ausbildungszeiten zu absolvieren - über fünf Jahre sind es bei den Primarlehrern für die Grundschulen und fast sieben Jahre für die Oberstufenlehrer. Der Durchschnitt in anderen Ländern beträgt zwischen vier und fünf Jahren in der OECD.

Der Blick auf die Lehrergehälter zeigt, dass die Pädagogen in Deutschland von der finanziellen Seite her eigentlich keinen Anlass zum Jammern haben. Zu Beginn ihrer Vollbeschäftigung werden sie mit 70 354 Mark Jahresgehalt herausragend gut bezahlt. Nur die Lehrer in Japan und der Schweiz erhalten mehr: rund 80 000 Mark im fernen Osten, im Alpenland sind es 91 386 Mark. Der Durchschnitt der Lehrergehälter in der OECD liegt bei 46 402 Mark. Die Deutschen erhalten also ein Drittel mehr als viele ihrer ausländischen Kollegen.

Uwe Schlicht

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