zum Hauptinhalt

Gesundheit: Blutjunge Krankenschwester mit viel Erfahrung

Rechts auf der Bühne steht eine Narrenkappe. Ungefähr drei Meter hoch.

Rechts auf der Bühne steht eine Narrenkappe. Ungefähr drei Meter hoch. Eigentlich ist die Narrenkappe ein Baum. Und ganz eigentlich ein in grünes Kreppapier gehüllter Garderobenständer. Woody Allen trug einst als Hofnarr eine Narrenkappe, in einer Episode seines Frühwerks "Was sie schon immer über Sex wissen wollten, aber nie zu fragen wagten". Des Hofnarrs dringlichstes Sexualproblem war dabei ein massiver Keuscheitsgürtel am Leib der willigen Königin. Dem Fortpflanzungstrieb in der Midlife-crisis und wie der New Yorker Stadtneurotiker ihn in einem seiner späteren Filme sieht, widmet sich jetzt die freie Theatergruppe "The Stage Coach". Sie bringt ab Sonnabend Woody Allens "Mittsommernachts-Sex-Komödie" im Arena-Glashaus auf die Bühne.Drei gutbürgerliche Pärchen treffen sich zu einem gemeinsamen Wochenende in einem Landhaus. Der Wall-Street-Broker und Hobby-Erfinder Andrew und seine Frau Adrian haben gerade ziemlich wenig Sex, sein unverheirateter Freund Maxwell dagegen ziemlich viel. Maxwell ist Arzt und legt vor den Ohren des frustrierten Gastgeberpaares erstmal seine mitgebrachte blutjunge Begleiterin Dulcy flach. Dulcy ist (natürlich!) Krankenschwester und hat (ebenso natürlich!) bereits ein umfangreiches theoretisches und praktisches Wissen über das menschliche Paarungsverhalten angehäuft."Bei Woody Allen sind die meisten Menschen sympathische Verlierer", sagt Regisseurin Anne Verena Freybott. "Unsympathisch sind nur die, die nicht verlieren können." Im Oktober 1997 formierte sie am John-F.-Kennedy-Institut der FU die freie Theatergrupe "The Stage Coach". Die "Sex-Komödie" ist ihre zweite Produktion - im Oktober 1998 ging Arthur Kopits Mediensatire "Road to Nirvana" über die Bühne des Theaters Coupé im Kunstamt Wilmersdorf.Seit Mitte Mai laufen die Proben für den Mittsommernachts-Sex, zunächst ein- bis zweimal die Woche, zuletzt täglich. Neben dem Studium. Gegen Ende des Semesters steigt der Streßpegel erheblich. "Dienstag Referat, Mittwoch Klausur", stöhnt Student Robert Müller. "Ab Donnerstag habe ich dann Zeit für Lampenfieber." Robert spielt den liebestollen Arzt Maxwell. Auf der Bühne wirkt er mindestens zehn Jahre älter. Dabei beschränkt sich seine ganze Schauspielerfahrung auf einen Schauspielkurs-Kurs in der "Etage" in den Mehringhöfen. "Insgeheim hoffe ich schon, noch mal entdeckt zu werden."Christians Rolle wird im Film vom wortakrobatischen Meister höchstselbst gespielt. Allen verpflichtet. Christian hat deshalb eine alte schwarze Hornbrille hervorgekramt. "Ich weiß nicht, ob Woody Allen mich gecastet hätte", zweifelt derweil Linda Maria Barutzki. Die Nordamerikanistik-Studentin gewann 1992 an der American Embassy School in Neu Delhi einen Schauspielpreis für ihre Rolle in Arthur Millers "The Crucible" ("Hexenjagd"). Die originale Leinwandversion von 1982 hat sie sich vorsichtshalber noch nicht angesehen. "Mia Farrow spielt die Ariel im Film wahrscheinlich ganz anders."Doch die Angst der Laien-Komödianten vor dem ausbleibenden Publikumslacher ist gering, besonders, nachdem eine befreundete Kamerafrau die Proben gefilmt hat. "Die hat sich kringelig gelacht", konstatiert Christian Wolff zufrieden. "Und zwar an Stellen, wo wir schon vergessen hatten, daß sie überhaupt witzig waren."

Premiere: 17. Juli 1999, 20 Uhr, Glashaus der Arena, weitere Aufführungen 19., 20., 21. Juli, jeweils 20 Uhr, Karten 15 und 10 Mark, telefonisch: 69 50 94 95.

ERIK HEIER

Zur Startseite