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Gesundheit: BSE: Kommentar: Ein Fall für Verbote?

Weil in Deutschland ein Fall der Rinderseuche BSE bekannt geworden ist, soll in ganz Europa Tiermehl verboten werden. Die Kosten dafür werden sich nach Schätzungen auf jährlich mehr als sechs Milliarden Mark belaufen.

Weil in Deutschland ein Fall der Rinderseuche BSE bekannt geworden ist, soll in ganz Europa Tiermehl verboten werden. Die Kosten dafür werden sich nach Schätzungen auf jährlich mehr als sechs Milliarden Mark belaufen. Große Mengen an Schlachtüberresten und Kadavern müssen vernichtet, gewaltige Mengen an pflanzlichen Proteinen müssen außerhalb Europas eingekauft werden. Das ist die Bilanz der deutschen BSE-Krise.

Bundeskanzler Schröder kann sich sicher sein, mit dem Verbot den Nerv der Menschen zu treffen. Aber ist es auch gerechtfertigt? Natürlich kann man fragen, ob das Verfüttern von Tiermehl nicht eine ethisch fragwürdige Praxis ist. Doch wäre das Gegenteil, das Vernichten der tierischen Überreste, nicht ebenso zweifelhaft?

Wird das Tiermehl-Verbot die Sicherheit der Verbraucher erhöhen? Bei der Antwort auf diese Frage sollte man berücksichtigen, dass in Deutschland das Verfüttern von Tiermehl an die Wiederkäuer Rind und Schaf ohnehin nicht üblich war. Das mag der Hauptgrund dafür sein, dass deutsche Rinder von BSE bisher weitgehend verschont blieben. Außerdem gilt deutsches Tiermehl aufgrund seiner Herstellung als BSE-sicher. Seit 1994 ist die widernatürliche Tiermehl-Verfütterung an pflanzenfressende Wiederkäuer auch EU-weit verboten.

Wie sieht es nun bei dem ersten deutschen BSE-Rind aus? Es kam bereits nach dem EU-weiten Tiermehl-Verbot für Wiederkäuer zur Welt. Auch dieses Indiz spricht eher gegen Tiermehl als Verursacher des aktuellen Falls. Es könnte sein, dass es sich um einen jener Fälle von Hirnschwamm handelt, die ganz ohne Beteiligung von Tiermehl auftreten - warum auch immer. In diesem Zusammenhang dürfte es interessant sein zu erfahren, ob andere Tiere aus der Herde ebenfalls befallen sind - das wiederum würde für Tierfutter als gemeinsame BSE-Quelle sprechen.

Es gibt also noch eine ganze Menge offener Fragen. Keine Möglichkeit der Infektion kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgeschlossen werden. Spricht das alles nun eher gegen ein Tiermehl-Verbot? Vielleicht nicht. Aber es sollte Anlass dafür sein, das Für und Wider sorgfältig abzuwägen. Erst recht dann, wenn ein einzelner, in seiner Entstehung ungeklärter Fall von BSE zur Grundlage einer einschneidenden und weit reichenden Entscheidung gemacht wird. Mit Verharmlosen oder Vertuschen, wie es so oft in der BSE-Geschichte geschehen ist, hat das nichts zu tun.

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