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Gesundheit: Büchermarathon

Die Regale der Foster-Bibliothek der FU füllen sich

Hannelore Ruff steht auf der dritten Ebene des von Sir Norman Foster gestalteten Neubaus der Philologischen Bibliothek der Freien Universität Berlin und schwärmt von ihrem neuen Arbeitsplatz. „Je weiter oben man hier steht, desto schöner ist der Bau“, sagt die Bibliothekarin und wendet sich wieder den Bücherregalen zu. Davor steht ein Mann, dem man seinen Beruf ansieht: Die muskelbepackten Arme wurden bei hunderten Umzügen gestählt. Jetzt schleppt er keine Möbel, sondern Bücher, viele Bücher: Elf philologische Bibliotheken werden derzeit in dem Neubau der FU-„Rostlaube“ vereint.

Vor sechs Wochen hat der Umzug in den Neubau von Reichstagskuppel-Architekt Norman Foster begonnen. Keine leichte Aufgabe: 700000 Bücher wechseln ihren Standort. Das sind 22 Kilometer Buchrücken. Diese Bücherwanderung koordiniert Klaus Ulrich Werner, der Leiter der Philologischen Bibliothek. Als er sich in seinem Büro tief über die Pläne des Neubaus beugt, wird klar: Dem Mann macht seine Aufgabe Spaß. Auf den Plänen sind die Standplätze der verschiedenen Fächer markiert, alle in verschiedenen Farben. „Anspruchsvoll macht den Umzug vor allem, dass etwa ein Viertel des Bestands ineinander sortiert wird“, sagt Werner. Das heißt: Die Bücher und Zeitschriften der einzelnen Fächer werden nicht einfach in verschiedene Regale gestellt, sondern müssen neu sortiert werden. Wie viel Platz dafür nötig ist, rechnet Werner mit einer Kollegin aus. Meter für Meter markieren sie die Regale, damit jede Zeitschrift und jedes Buch am richtigen Ort landet – und für die übrigen Bücher auch noch Platz ist.

An fünf Tagen pro Woche, von acht Uhr morgens bis mindestens sechs Uhr abends sind die Bücher durch Dahlem gerollt. Die 800 Tonnen bedrucktes Papier, die CD-Roms und die anderen Medien füllen etwa 100 Wagenladungen. Die meisten Bücher kommen in großen Gitterwagen in der neuen Bibliothek an. Teilweise allerdings waren die alten Bibliotheken so klein und eng, dass die Bücherpacker das Umzugsgut nur in schmale Plastikwannen packen konnten. Die stauen sich zusammen mit den Gitterwagen im Keller des Neubaus vor dem einzigen Fahrstuhl. Der ist komplett für den Büchertransport reserviert, die Mitarbeiter der Bibliothek müssen noch Treppen laufen.

Für Studenten, wissenschaftliche Mitarbeiter und Professoren an den betroffenen Instituten bedeutet der Umzug Einschränkungen. Vor der Eröffnung der neuen Bibliothek am 15. September bleiben die Institutsbibliotheken zwei Monate lang geschlossen. Es gibt aber einen Büchernotdienst. Das sei schon aus rechtlichen Gründen nötig, solle aber auch ein Service für die Studenten sein, sagt Bibliotheksleiter Werner. Es scheint zu funktionieren: Insa Valkema, Lehramtsstudentin und gerade in der Examensvorbereitung, jedenfalls ist zufrieden. Ein Anruf – „und die entsprechenden Bücher werden aus den Umzugskisten geholt“. Auch vor der Schließung war es möglich, Bücher auszuleihen. 6000 Bücher wurden in den alten Institutsbibliotheken abgeholt und gehen zurück ins neue Gebäude – immerhin 150 Meter weniger für den Umzug.

In den zwei Wochen bis zur Eröffnung ist im Foster-Bau noch viel zu tun. Über hundert Computer müssen installiert und an allen Regalen die Beschriftungen angebracht werden. Die große logistische Herausforderung ist nicht die einzige bei diesem Umzug. „Für viele Mitarbeiter ist dieser Umzug ein schwerer Schritt“, sagt Werner. Besonders in kleinen, quasi familiären Instituten waren die Bibliotheken auch ein soziales Zentrum. „Da geht durch die Größe etwas verloren – und das tut einigen Leuten natürlich weh.“

Bibliothekarin Hannelore Ruff aber ist froh über den Umzug. Sie steht noch immer auf der dritten Ebene der Philologischen Bibliothek und achtet darauf, dass der Packer die Bücher aus dem Lateinamerikainstitut in der richtigen Reihenfolge einräumt und die nötigen Abstände lässt. Ihre alte Bibliothek, die romanistische, hat sie als eng und hässlich empfunden. „Außerdem war es dort muffig und es hat reingeregnet“, sagt sie. Da ist der Neubau besser – selbst, wenn sie nicht jeden Tag auf den oberen Ebenen arbeiten kann.

Florian Oel

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