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Gesundheit: Bulmahns Beste

Die ersten Spitzenuniversitäten arbeiten an ihrer Bewerbung um die Elite-Millionen – aber die Opposition warnt

Von Amory Burchard

und Anja Kühne

Einen Tag, nachdem die Bundesforschungsministerin den Wettbewerb „Deutschland sucht seine Eliteuniversitäten“ ausgerufen hat, stehen die Hochschulen in den Startlöchern. Die Fakultäten der Heidelberger Ruprecht-Karls-Universität – bei bundesweiten Forschungsrankings immer ganz oben dabei – sollen unverzüglich „Vorhaben entwickeln, mit denen sie sich bewerben wollen“, sagt der Rektor. Peter Hommelhoff ist von der Aussicht auf den 250-Millionen-Zuschuss begeistert: „Das sind ja immense Mittel, mit denen wir in ganz andere Dimensionen vorstoßen können.“ Der Rektor möchte die Prämie nutzen, um neue Forschungszentren zu starten – etwa in den Lebenswissenschaften.

Ausgleichen, was gespart wird?

Die Humboldt-Universität zu Berlin, die immer wieder als Elite-Favoritin genannt wird, war zwar gestern vollauf mit ihrem „Strukturplan“ beschäftigt. Der soll helfen, 30 Millionen Euro einzusparen (siehe untenstehenden Artikel). Aber über den Wettbewerb, der immerhin 50 Millionen Jahreszuschuss vom Bundesministerium bringen soll, habe Präsident Jürgen Mlynek schon mit einigen Universitätsmitgliedern gesprochen, sagt Sprecherin Susann Morgner. Man wolle jetzt intensiv an einem Konzept arbeiten. Die Freie Universität Berlin sei schon sehr gut aufgestellt, sagt Präsident Dieter Lenzen, der seine Hochschule kürzlich in einem Meta-Ranking auf Platz drei in Deutschland sah. So sei die FU mit den gewünschten Managementstrukturen in der Hochschulleitung „sehr weit“ und habe als erste Leistungsziele mit den Fakultäten verabredet.

Gemeinsam mit dem Präsidenten der Leibniz-Gemeinschaft, Hans-Olaf Henkel, hatte Lenzen kürzlich ein Zehn-Milliarden-Sofortprogramm für die Hochschulen gefordert. Reichen auch die 1,25 Milliarden, die Bulmahn in Aussicht stellt? 250 Millionen für jede der fünf Spitzenuniversitäten – damit könne man etwas anfangen, sagt Lenzen: Studenten besser betreuen, Labore modernisieren, Hörsäle multimedial ausstatten. Berlins Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) begrüßt Bulmahns Millionen als interessantes Angebot für die Universitäten der hochverschuldeten Stadt. Im Wettbewerb könnten sie zweckgebundene Mittel gewinnen, die nicht in den allgemeinen Etat wandern.

Stehen auch Hochschulen in den Startlöchern, die bei Rankings im Mittelfeld stehen, wie die Technische Universität Berlin? Zumindest beim Centrum für Hochschulentwicklung landete sie jetzt auf Platz 19. Trotz des Abstands zur Spitzengruppe erklärt TU-Sprecherin Kristina Zerges: „Klar machen wir mit. Die Leute sollen mit uns rechnen.“

Auch der Vorsitzende des Wissenschaftsrats, der Berliner Mediziner Karl Max Einhäupl, hatte in der vergangenen Woche ein Modell zur Eliteförderung vorgeschlagen: Bund und Länder sollten von der gemeinsamen Förderung für den Hochschulbau zehn bis zwanzig Prozent für einen Pool abzweigen, aus dem Spitzenhochschulen Extrageld bekommen könnten. Bulmahns Wettbewerb sei zu begrüßen, sagt Einhäupl – nur sage die Ministerin leider nicht, wo das Geld dafür herkommen solle. Jedenfalls seien jährlich 50 Millionen Euro ein „ganz erhebliches Finanzpolster“, mit denen die Universitäten anfangen könnten, mehr Spitzenwissenschaftler zu berufen und die Betreuungsverhältnisse zwischen Lehrenden und Lernenden zu verbessern.

Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Peter Gaehtgens, bremst den Enthusiasmus der Unileitungen. Grundsätzlich sei ein echter Wettbewerb um Spitzenförderung positiv – Bulmahns Vorstellung, mit einem Fünfjahres-Programm eine Elite zu schaffen, aber illusorisch. Elite-Universitäten in den USA seien über Jahrzehnte hinweg mit sehr viel mehr Geld aufgebaut worden. Und die 1,25 Milliarden dürften nicht an anderer Stelle aus der Wissenschaftsförderung weggenommen werden, warnt Gaehtgens.

Ungewohnt viel Lob von Universitäten und Forschern also für Bulmahn. Aber von ihren Ressortkollegen aus CDU-regierten Ländern wurde Edelgard Bulmahn gestern scharf kritisiert. „Lächerlich“ nennt Baden-Württembergs Wissenschaftsminister Peter Frankenberg die in Aussicht gestellten Prämien. Annette Schavan, Baden-Württembergs Kultusministerin, bemängelt, Bulmahns wissenschaftspolitisches Motto sei „Wir fördern alles, was Arbeit schafft“. Bulmahn habe keine Vision für die Universitäten der Zukunft. Die Kulturwissenschaften würden in ihren Plänen marginalisiert, dabei gehörten sie genau so zum Kern einer Universität wie die Natur- und Technikwissenschaften.

Geben und nehmen

Neben der Nachwuchsförderung nennt Schavan vier Voraussetzungen für die Förderung der Elite: Die Hochschulen müssten die Freiheit haben, Studiengebühren zu erheben und sich ihre Studenten selbst aussuchen zu können. Außerdem müssten sie in die Lage versetzt werden, die Gehälter ihrer Mitarbeiter zu bestimmen. Schavan spricht sich dafür aus, das Hochschulrahmengesetz des Bundes abzuschaffen. Auch den gemeinsam finanzierten Hochschulbau von Bund und Ländern hält sie für verzichtbar – sonst käme die gewünschte Entflechtung nie in Gang.

Ein halbes Lob hat immerhin Matthias Rößler (CDU), Sächsischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, für Bulmahn übrig: „Das Ziel der Eliteförderung ist richtig, der Weg ist aber falsch. Man kann nicht vorher den Hochschulen Geld für den Hochschulbau wegnehmen und die Basis schwächen, um dann Elite-Universitäten fördern zu wollen.“

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