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Gesundheit: Den Islamismus aussperren

Auch in Berlin will die König-Fahd-Akademie eine Schule eröffnen. Wie sich das Land gegen die Fundamentalisten wehren könnte

In Charlottenburg entsteht gegenwärtig ein saudisches Schulzentrum, eine König-Fahd-Akademie nach Bonner Vorbild. Damit übernimmt Berlin eine Hauptstadtfunktion der unliebsameren Art. Denn die saudischen Lehrpläne und -bücher sind, wie das nordrhein-westfälische Schulministerium durch Gutachten feststellen ließ, teilweise „verfassungsfeindlich“. Also tabu für die Schulpflichtigen hierzulande, das heißt für alle außer Diplomatenkinder? Seit einem guten Jahr warnt Außenminister Joschka Fischer vor einem unfreundlichen Vorgehen gegen das saudische Königshaus, das Fahd-Akademien auch in London und Moskau finanziert, als „Zentren der religiösen Anleitung und Wegweisung, der Verbreitung des gerechten Glaubens“ (Prinz Abdulaziz Bin Fahd Bin Abdulaziz).

Aus politischen und rechtsstaatlichen Gründen kommt eine spezielle „Lex Fahd“ zur Abwehr islamistischen Gedankengutes offenbar nicht in Betracht. Das Düsseldorfer Schulministerium sucht jetzt einen Ausweg in einer Gesetzesinitiative, die seit dieser Woche im Landtag ist und auch in der Berliner Schulverwaltung mit Spannung verfolgt wird.

Danach haben schulpflichtige In- und Ausländer hinfort die Möglichkeit, statt einer deutschen Regelschule oder einer vorwiegend staatlich finanzierten Ersatzschule beispielsweise in kirchlicher Trägerschaft auch eine „anerkannte Ergänzungsschule“ zu besuchen, die im Wesentlichen von Schulgeld und privaten Spenden lebt. Jedoch: Anerkannt werden nur Ergänzungsschulen, die zum weltweit verbreiteten, englischsprachigen „International Baccalaureate“ führen oder zum Abschluss eines EU-Partnerlandes. So sind die Bonn International School sowie die französische und die britische Schule in der Bundesstadt künftig offen für alle, die sie bezahlen können, während die Fahd-Akademie oder eine türkische, russische oder tunesische Schule mangels EU-Formats oder fehlender Internationalität keine schulpflichtigen Kinder aufnehmen kann. Damit bekommt die bislang immer wieder heiß umstrittene Frage der „Ausnahmegenehmigungen“ von der Schulpflicht etwa für Doppelstaatler eine glasklare Rechtsgrundlage.

Die Öffnung gegenüber (genehmen) ausländischen Schultypen ist auch unabhängig vom Fahd-Problem ein Reformvorhaben, das in der Luft liegt, bemerkt der leitende Düsseldorfer Ministerialbeamte Werner van den Hövel. Viele deutsche Eltern wollen ihre Kinder für die globale Gesellschaft mehrsprachig und international erziehen, in Bonn zum Beispiel Arzt-, Unternehmer- oder Künstlerfamilien – selbst wenn sie auf ewig ihren Lebensmittelpunkt am Rhein behalten wollen. Auch internationale Manager, die bei Weltfirmen wie der Telekom unbefristet angestellt sind, aber irgendwann mal wechseln wollen, sehen nicht ein, ihren Nachwuchs für fünf Jahre auf eine rein deutsche Schule schicken zu müssen. Der Wirtschaftsstandort kann nicht am deutschen Schulwesen genesen.

Bei der Internationalisierung der Schulpflicht sind allerdings traditionelle basisdemokratische Prinzipien zu überdenken, erläutert der Experte van den Hövel. Die Weimarer Verfassung und das Grundgesetz von 1949 beharren auf der allgemeinen Schulpflicht für Reich und Arm, Hoch und Niedrig auf der gleichen Schule gerade im Primarbereich. In Weimar wurde damit die kaiserzeitliche private „Vorschule“ vor allem für Offizierssöhne abgeschafft, die sich auf diesem Sonderweg früher fürs Gymnasium vorbereiten konnten. Standesprivilegien gibt es im deutschen Schulwesen nicht mehr; zumal nach dem Pisa-Schock fordern aber immer mehr erfolgsorientierte Eltern das Recht, für ihre Kinder vom ersten Schuljahr an die beste Schule auf der Welt selber aussuchen zu können. Nordrhein-Westfalen will ihnen – und internationalen Bildungsanbietern – jetzt den Weg frei machen.

Hermann Horstkotte

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