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Gesundheit: Der Hang zur Selbstzerstörung

Von George Turner, Wissenschaftssenator a.D.

Wie soll das deutsche Wissenschaftssystem aussehen, um zukunftsfähig zu sein? Dazu gibt es einen Vorschlag einer Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Volkswagenstiftung. Zwei Anregungen erhitzen die Gemüter in besonderer Weise: zum einen die Differenzierung in Lehr und Forschungsuniversitäten und zum anderen die Aufhebung der Trennung von universitärer und außeruniversitärer Forschung.

Wenn man genau hinschaut, ist die Entwicklung in Richtung der ersten Forderung bereits im Gange. An vielen Institutionen wird die Hauptaufgabe darin gesehen, viele Studenten durchzuschleusen. Die zunehmende Verwischung der Unterschiede zwischen Universitäten und Fachhochschulen wird weiter dazu beitragen, dass das Gros der Hochschulen in erster Linie als Ausbildungsstätten wahrgenommen werden wird.

Daneben gibt es Universitäten, die bei der Einwerbung von Mitteln für die Forschung stets vorne rangieren. Das ist dort der Fall, wo sich das Geld der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Drittmittel und Graduiertenkollegs konzentrieren. Es sind die Hochschulen, die auch in der Diskussion um Elite- oder Spitzenuniversitäten genannt werden. Die letztgenannten verdanken ihren Ruf nicht selten auch der erfolgreichen Zusammenarbeit mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie der Max-Planck-Gesellschaft (MPG). Also, so könnte man annehmen, würde die Zusammenführung die Effizienz noch steigern! Doch das Gegenteil wäre der Fall.

Zunächst würde eine organisatorische Vereinigung dazu führen, dass die Einrichtungen für längere Zeit mit sich selbst beschäftigt sind. Man kennt das hinreichend von Fusionen und Umstrukturierungen aller Art. Noch entscheidender aber ist ein anderer Grund: wenn die außeruniversitären Forschungseinrichtungen Teil der Universitäten würden, unterlägen sie deren Gesetz- und Regelwerk. Nun ist unverkennbar, dass vieles, was ursprünglich als Fortschritt begriffen wurde und sich inzwischen als schädlich für die Wissenschaft erwiesen hat, aus einer Reihe von Landesgesetzen verbannt worden ist. Aber es gibt immer noch Plätze, an denen die Mitwirkungsschlachten künstlich aufrechterhalten werden. In Berlin wollen ideologisch verblendete Hochschulpolitiker der rot-roten Koalition die Viertelparität einführen. Die MPG und andere außeruniversitäre Forschungseinrichtungen müssten schon den Hang zur Selbstzerstörung haben, wenn sie angesichts einer solchen Bedrohung unter das Dach der Universitäten strebten.

Wer mit dem Autor diskutieren möchte, kann ihm eine e-mail schreiben: g.turner@tagesspiegel.de

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