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Gesundheit: Der Traum vom Orchester

Aktionstag der Dirigierstudenten an der HdK / Schwierige Studienbedingungen VON DOROTHEE NOLTE"Und noch etwas Psychologisches", sagt Jan Horstmann."Wenn du einen Ton beenden willst, dann mach das nicht so" - er ballt die vorgestreckte linke Hand aus einer Drehung heraus energisch zur Faust, "dann haben die Sänger das Gefühl, der geht mir an die Kehle, da schnürt sich was ab.

Aktionstag der Dirigierstudenten an der HdK / Schwierige Studienbedingungen VON DOROTHEE NOLTE

"Und noch etwas Psychologisches", sagt Jan Horstmann."Wenn du einen Ton beenden willst, dann mach das nicht so" - er ballt die vorgestreckte linke Hand aus einer Drehung heraus energisch zur Faust, "dann haben die Sänger das Gefühl, der geht mir an die Kehle, da schnürt sich was ab.Du mußt immer innerlich mitsingen." Norbert Ochmann, Dirigierstudent im siebten Semester an der HdK, wirkt eigentlich schon recht professionell, so ausdrucksstark und klar wie er seine Arme bewegt.Doch für Jan Horstmann, ersten Kapellmeister in Magdeburg, gibt es immer noch viel zu verbessern: "Du machst die letzte Pause ein halbes Viertel zu früh.Und hier kommt doch das Forte.Da mußt du bei den Sängern bleiben.Wenn du genau dann in die Partitur guckst, ist der Effekt weg." Norbert Ochmanns Kommilitonen im Fach Dirigieren sitzen entweder an zwei Flügeln als Begleiter oder sie singen im Chor der Gesangsstudenten mit.Zu ihrem Aktionstag im Konzertsaal der HdK in der Hardenbergstraße haben sie die Öffentlichkeit eingeladen und führen anhand von Ausschnitten aus Mozarts "Zauberflöte" vor, woraus ein Dirigierstudium besteht.An Zuhörern besteht ein gewisser Mangel, nicht jedoch an Problemen.Seit mehreren Semestern haben die zwölf Studenten keinen hauptamtlichen Dirigierprofessor mehr, und: Sie haben nur sehr selten Gelegenheit zu Orchesterproben.Schließlich kostet es Geld, Orchester zu mieten: "Unsere letzte Orchesterprobe mit den Neubrandenburger Philharmonikern haben wir selbst finanziert", erzählt Norbert Ochmann."Wenn man Pech hat, hat man in diesem Studiengang vor seinem Diplomkonzert nur eine einzige Orchesterprobe", fügt seine Kommilitonin Kerstin Behnke hinzu."Das ist, wie wenn ein Pianist jahrelang auf einer Papp-Tastatur üben müßte." Schon seit Monaten schreiben die Studenten Briefe an den Fachbereich und an berühmte Dirigenten, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen."Wir wollen, daß regelmäßige Orchesterproben in der Studienordnung festgelegt werden und daß der Fachbereich dafür einen Etat einrichtet", sagt Kerstin Behnke.Sie wären schon froh, wenn sie regelmäßig mit dem HdK-Orchester proben könnten.Das wäre auch nicht schwer einzurichten, findet Kerstin Behnke: Zur Zeit ist nämlich nicht nur die Dirigier-Professur, sondern auch die für die Leitung des HdK-Orchesters vakant."Es würde die Lage vereinfachen und Geld sparen, wenn ein einziger Professor für beides zuständig wäre", meint Norbert Ochmann. Und wie lernt man nun Dirigieren? Im Übungsraum der Dirigierstudenten im HdK-Altbau an der Fasanenstraße stehen zwei Flügel, einer rechts, einer links.Zwischen ihnen ein Podest.Wenn man sich auf das Podest stellt, hat man freien Blick auf die beiden Steinways und vor allem auf sich selbst, denn an der Wand gegenüber hängt ein großer Spiegel.Ein wichtiger Teil des Studiums wird damit verbracht, daß die Studenten abwechselnd die Rollen des Dirigenten und der beiden Klavierspieler übernehmen.Der jeweilige Dirigent führt seine Kommilitonen, als wären sie ein Orchester.Ein Dirigierstudent muß vom Blatt spielen, Partituren in Klavierauszüge umwandeln können und einige Semester Gesangsunterricht nehmen, um die Probleme der Sänger zu vestehen.Oft genug führt seine Laufbahn ohnehin nicht auf ein Pult, sondern auf einen Hocker: Fast jeder beginnt erst einmal als Korrepetitor an einem Opernhaus, und einige bleiben auch da.Gut vorbereitet auf diesen Beruf fühlen sich die HdK-Studenten nicht: "Wir haben nicht genug Proben mit Sängern", klagt Kerstin Behnke. Ein angehender Dirigent oder eine Dirigentinmuß außerdem Kenntnisse in Musikgeschichte, Instrumentenkunde, Italienisch und Tonsatz erwerben, ein umfangreiches Pensum auch für diejenigen, die wie Norbert Ochmann oder Michael Heinzel bereits verwandte Fächer - Tonmeister oder Schulmusik - studiert haben.Die Studenten wünschen sich daher, daß die Regelstudienzeit von acht auf zehn Semester erhöht wird.Kleine Erfolge haben sie schon erzielt: Mehrere HdK-Professoren haben sich dafür eingesetzt, daß sie im Wintersemester drei Probentage mit zwei Orchestern aus dem Umland gestalten können.

Am 16.Dezember werden die Dirigierstudierenden der HdK ein Konzert mit den Berliner Symphonikern geben.Gespielt werden Werke von Milhaud, Beethoven, Mozart und Brahms (Konzertsaal der HdK, Hardenberg-/Ecke Fasanenstraße, Beginn 20 Uhr, Eintritt frei).

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