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Gesundheit: Der Widerspenstigen Zähmung

Auch die Freie Universität und die Humboldt-Universität akzeptieren jetzt die Sparpläne des Senats – stellen aber Bedingungen

Die Freie Universität und die Humboldt-Universität sind jetzt als letzte Hochschulen der Stadt ebenfalls bereit, die Sparbedingungen des Senats im Wesentlichen zu akzeptieren. Die Präsidenten setzten am Dienstag ihre Initialen unter die Ergänzung zu den Hochschulverträgen – nur die Initialen, denn diese Parafierung ist noch nicht die endgültige Vertragsunterschrift, sondern nur die vorläufige. Das betonte der Präsident der FU, Dieter Lenzen: „Wir stimmen nur unter Vorbehalten zu.“ FU und HU wollten mit ihrem vorbehaltlichen Einverständnis nur signalisieren, dass sie das gesamte Verfahren nicht aufhalten wollen, sagte Lenzen.

Die Skepsis ist aber noch die gleiche wie am Freitag, als sich die beiden Universitäten als einzige geweigert hatten, zu parafieren. Denn die Vertragsbedingungen haben sich nicht verbessert. Lenzen und die Präsidenten von HU und TU haben ihre Bedingungen in einem Begleitschreiben an den Senat formuliert. Sie erwarten, dass die bisherige Autonomie der Hochschulen auch in den zukünftigen Hochschulverträgen erhalten bleibt. Denn die Universitäten wollen selbst entscheiden, welche Studiengänge und Professuren sie eindampfen, um die Sparauflagen umzusetzen. Außerdem fordern sie, dass die beiden Unis nicht mit ihrem Etat einspringen müssen, sollte die Hochschulmedizin die vom Senat geforderten 98 Millionen Euro nicht schnell genug erbringen. Weiterhin soll der Senat bis Mitte Oktober festlegen, wie hoch die Einsparungen für die Hochschulen im Einzelnen aussehen. Denn bisher steht nur die gesamte Summe fest.

Brigitte Reich, Referentin in der Wissenschaftsverwaltung, sieht in dem Begleitschreiben keine rechtliche Bindung für den Senat: „Die Universitäten können ihre Forderung stellen, aber die Gesetze macht das Parlament.“ Natürlich könne sich der Senator dafür stark machen, dass die Autonomie auch im neuen Hochschulgesetz fortgeschrieben wird. Für die Medizin habe der Gesetzgeber jedoch beschlossen, dass die Unis mit ihrem übrigen Etat einspringen müssen, sollten die 98 Millionen nicht schnell genug aus der Medizin gespart werden. Dass es dazu kommt, hält Reich allerdings für „äußerst unwahrscheinlich“. Schließlich werde bald der Aufsichtsrat für die gemeinsame medizinische Fakultät von FU und HU berufen, der verzögerte Zahlungen verhindern werde.

Den Wunsch der Unis, im Oktober zu erfahren, was genau jede einzelne zu sparen hat, meint Reich erfüllen zu können: „Das sagen wir verbindlich zu.“ Damit komme die Verwaltung den Unis entgegen, sagt Reich. Denn eigentlich wollte die Verwaltung zuerst mit den Hochschulen ausführlich diskutieren, in welchem Fach Studienplätze wegfallen können oder welche Doppelangebote zu streichen sind, bevor sie den Unis ihre Sparsummen jeweils zuweist. Nun dürfen die Universitäten selbst bis spätestens Mitte nächsten Jahres detaillierte Vorschläge unterbreiten. Kommt es zum Konflikt zwischen der Verwaltung und den Hochschulen, soll eine Expertenkommission zu Hilfe gerufen werden. In der Vergangenheit habe es sich gezeigt, dass die Hochschulen gesellschaftliche Belange aus den Augen verlören, wenn jede alleine für sich plane, sagt Reich: „Vor einigen Jahren wollten alle an der Grundschulpädagogik und der Didaktik sparen.“ So sei es zu schweren Engpässen gekommen. Es sei also zu überdenken, ob die Technische Universität tatsächlich ihre Lehrerbildung behalten müsse, ob die Wirtschaftswissenschaften nicht an einer Uni konzentriert werden könnten und ob die TU, an der es das Fach Jura nicht gibt, zwei Jura-Professuren haben müsse: „Den Bedarf an Wirtschaftsjuristen kann die FU decken.“

Die Unis selbst haben noch keine „Sparopfer“ festgelegt. Der Akademische Senat der Humboldt-Universität will im Herbst eine „Positiv-negativ-Liste“ aufstellen. Institute, die die Erfolgskriterien wie hohe Drittmitteleinwerbungen oder zahlreiche Stipendiaten nicht erfüllen, würden sich auf der „Negativ“-Seite wiederfinden – selbst, wenn es sich um ein Massenfach handelt: „Die Nachfrage allein reicht nicht aus, wenn das Fach mittelmäßig ist“, sagt die Sprecherin der Humboldt-Uni, Susann Morgner.

FU-Präsident Lenzen meint, dass „die gewaltigen Kürzungen Lehre und Forschung stark beeinträchtigen werden“. Schon jetzt sei klar, dass die FU bis 2009 zwischen 50 und 80 Professuren werde einsparen müssen. Insgesamt müssen die Berliner Hochschulen bis dahin etwa 20 Prozent des jetzigen Etats sparen. Lenzen stellt sich vor, dass es in manchen Fächern fortan nur noch eine passable „Grundversorgung“ geben wird, so dass noch Mittel übrig blieben, um „Schwerpunkte der Exzellenz“ zu bilden.

Die Universitäten müssen die Ergänzungen zu den noch gültigen Hochschulverträgen unterschreiben, sobald der Doppelhaushalt für die Jahre 2004/2005 im Oktober verabschiedet ist. Dass auch die HU und die FU unterschreiben werden, ist wahrscheinlich. In den Jahren 2004 und 2005 entfallen insgesamt 54 Millionen Euro. Zwischen den Jahren 2003 bis 2009 verlieren die Hochschulen zusätzlich 50 Millionen Euro – würde man die Zeit zwischen 2005 und 2009 zugrunde legen, wären es sogar 75 Millionen Euro, denn der Plafonds wäre bis 2005 eigentlich angestiegen. Die Frage, ob die Unis auch noch nach 2006 Geld an die Fachhochschulen zahlen müssen, wurde aus den aktuellen Verhandlungen ausgeklammert.

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