zum Hauptinhalt

Gesundheit: Detektive in Archiven

Schüler erforschen Spuren der Vergangenheit

Maija Baženova stammt aus Lettland und gehört einer religiösen Minderheit an, den „Old Believers“. Um mehr über ihre Vorfahren und die Kultur der Glaubensgemeinschaft zu erfahren, hat sich die 17-Jährige in Archive begeben und ihre Familiengeschichte aufgeschrieben. Nun verbringt Maija eine Woche in Berlin und trifft auf 34 Jugendliche aus elf europäischen Ländern. Die Schüler verbindet eines: ihr Interesse an der Geschichte. Sie alle sind die Preisträger nationaler Geschichtswettbewerbe und nehmen an einer Sommerakademie über „Mehrheiten und Minderheiten“ teil.

Die Old Believers, dieTraditionalisten also, formierten sich im 17. Jahrhundert in Russland und vertreten die älteste Form des russisch-orthodoxen Glaubens vor seiner Reform. Etwa zehn Prozent der russischen Bevölkerung gehörten ursprünglich dieser Richtung an. Doch unter der Zaren-Herrschaft floh ein Großteil nach Asien, andere wurden vertrieben und lebten isoliert. „Ich habe meine Großeltern gefragt, wie es damals bei den Old Believers zuging“, sagt Maija. „Außerdem habe ich verschiedene Geschichts- und Religionsbücher gelesen. Warum hatte es diese Gruppe so schwer, sich in Lettland zu integrieren?“ Um die Traditionen der Old Believers festzuhalten, drehte die Schülerin auch einen Film über ihre Lebensweisen.

Kathedrale als Fabrik

Die Geschichte einer ganz anderen Art hat Alexey Ushenin verfasst. Ihn fasziniert Architektur. Und so hat der 16-jährige Russe eine Baumonographie über die zerstörte Kathedrale in Nevyansk im Ural geschrieben. „Nachdem ich in einem Buch das Bild einer Kirchenruine entdeckt hatte, bei der niemand mir sagen konnte, welche Kirche das sein sollte, musste ich selbst Detektivarbeit leisten.“ Er begab sich sieben Monate lang auf die Suche nach Akten und Architekturskizzen über die Kathedrale. Alexey fand heraus, dass das 1827 geweihte Gotteshaus in den 1930er Jahren teilweise zerstört und im zweiten Weltkrieg als geheime Militärfabrik benutzt wurde. 1991 beschlossen Verantwortliche den Wiederaufbau der Kirche. „Erstaunlicherweise haben sich die Restaurateure während ihrer Arbeit gar nicht für die Geschichte der Kathedrale interessiert“, wundert sich Alexey. „Sie haben sich nur um den Wiederaufbau und denkmalpflegerische Aspekte gekümmert.“

Bundespräsident Johannes Rau, der die Schüler am Montag im Schloss Bellevue empfing, lobte das Engagement der jungen Leute: „Wer sich mit der Geschichte seiner Heimat auseinandersetzt, lernt auch viel über sich selbst.“ Veranstaltet wird die Akademie von Eustory, einem Geschichtsnetzwerk für junge Europäer. In ihm haben sich auf Initiative der Körber-Stiftung Organisationen aus 14 europäischen Ländern zusammen geschlossen, die in ihren Ländern unabhängige Geschichtswettbewerbe veranstalten. Die Schüler werden ermutigt, sich außerhalb ihres Geschichtsunterrichts kritisch mit der Vergangenheit auseinander zu setzen. Ilka Seer

Mehr zum Thema im Internet: www.eustory.org

Interessierte Schüler können sich wenden an die Körber-Stiftung,

Telefon: 040 / 72 50 20 83,

E-Mail: eustory@stiftung.koerber.de

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false