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Gesundheit: Deutsch-jüdische Geschichte: 620 Archive in den Neuen Ländern nach Akten durchforstet

Während Berlin im Banne der Ausstellungseröffnung im Jüdischen Museum steht, wurde nun ein Projekt abgeschlossen, das wahrscheinlich größeren Einfluss haben wird auf die Erforschung der deutsch-jüdischen Geschichte. So konnte dieser Tage mit dem im K.

Während Berlin im Banne der Ausstellungseröffnung im Jüdischen Museum steht, wurde nun ein Projekt abgeschlossen, das wahrscheinlich größeren Einfluss haben wird auf die Erforschung der deutsch-jüdischen Geschichte. So konnte dieser Tage mit dem im K. Saur Verlag erschienenen sechsten Band der Erschließung der Quellen dieser Geschichte in den Archiven der Neuen Bundesländer abgeschlossen werden. Nun steht ein Wegweiser zu 304 Archiven der deutsch-jüdischen Geschichte in den Neuen Ländern zur Verfügung.

Das nach der Wende vom Leo-Baeck-Institut initiierte Projekt hat dort 620 Archive nach relevanten Akten durchgeforstet. In etwa der Hälfte der Fälle wurde man fündig. So konnten die Mitarbeiter von Stefi Jersch-Wenzel und Reinhard Rürup am Ende auf 4000 Seiten etwa 48 000 Akteneinträge verzeichnen. Eine Fleißarbeit, finanziert vom Innenministerium, die umso verdienstvoller ist, weil eine vergleichbare Übersicht für Westdeutschland bis heute nicht vorliegt. Manche Aktenbündel, etwa im Geheimen Preußischen Staatsarchiv, wurden gar zum ersten Mal aufgeschnürt, um nach Schriftstücken zu suchen, die Juden betreffen.

Insgesamt wurden etwa 50 Regalmeter Material mehr gefunden, als bisher bekannt war. Insbesondere die bis dato unentdeckten Bestände der Landesrabbinate Mecklenburg-Schwerin, Stadtlengsfeld und Eisenach. Zudem wird auch ein Anfang gemacht, um ein Ungleichgewicht der Erforschung der jüdischen Geschichte in Deutschand auszugleichen: Während es in der alten Bundesrepublik seit den 60er Jahren ein reges Interesse gab, die regionale Geschichte Jüdischer Gemeinden zu erforschen, lag dieses Gebiet in der ehemaligen DDR weitgehend brach. Und so wird die zukünftige Aufarbeitung der vorhandenen Akten - die etwa in den thüringischen Archiven bis ins Mittelalter zurückreichen - neue Erkenntnisse liefern.

Insbesondere Berlin kommt dabei als Forschungsstandort eine Schlüsselrolle zu. Hat doch das Leo-Baeck-Institut gerade bekannt gegeben, in seiner Außenstelle im Jüdischen Museum das eigene Archiv in Form von Mikrofilmen zur Verfügung zu stellen. Das New Yorker Institut beherbergt etwa 9000 Sammlungen von Personen, Familien, Organisationen und Jüdischen Gemeinden sowie zusätzlich etwa 1200 Autobiografien jüdischer Deutscher aus den vergangenen 200 Jahren und zudem eine umfangreiche Bibliothek. Die Filiale des Instituts wird somit zur idealen Ergänzung des Archivs im Centrum Judaicum.

Hier werden die innerjüdischen Quellen zusammengefasst, meist Gemeindeakten, die sich nach dem Krieg auf DDR-Gebiet befanden, plus die Akten der West-Berliner Gemeinde. Der sechste Quellenband erschließt dieses Archiv erstmals, das somit in der Nachfolge des 1905 (von den Jüdischen Gemeinden in Deutschland) gegründeten "Gesamtarchivs der deutschen Juden" steht, von dem große Teile in der Nazizeit nach Jerusalem gebracht wurden.

Im Archiv des Centrum Judaicum lassen sich die Verhältnisse im Inneren der Jüdischen Gemeinden vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart erforschen. So etwa die Feldpostbriefe, die deutsch-jüdische Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg schrieben.

Doch zurücklehnen können sich die Wissenschaftler nicht. Schon läuft das an der Berlin-Brandenburgischen Akademie angesiedelte Folgeprojekt: Jetzt sollen die Archive in den früheren preußischen Ostgebieten, die heute in Polen liegen, nach Spuren deutsch-jüdischer Geschichte durchforstet werden.

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