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Gesundheit: „Die Länder müssen handeln“

Hochschulmanager Peter Gaehtgens: Die Unis wollen die Juniorprofessur

Die Bundesverfassungsrichter haben die bundesweite Einführung der Juniorprofessur für nichtig erklärt. Müssen sich die 600 Juniorprofessoren Sorgen machen?

Nein. Sie werden nicht etwa ihre Stelle verlieren oder dergleichen, denn für sie gilt das jeweilige Landesgesetz. Die Juniorprofessur ist in neun Bundesländern gesetzlich verankert, und auf diese Regelungen können sich die Juniorprofessoren verlassen.

Und was ist mit den Juniorprofessoren in Ländern, die Bulmahns Reform noch nicht in Landesrecht umgesetzt haben – wie beispielsweise in Sachsen?

Hier haben einzelne Hochschulen in der Hoffnung auf eine baldige rechtliche Klärung de facto Juniorprofessuren eingeführt, die allerdings unter der offiziellen Bezeichnung „Nachwuchswissenschaftler“ laufen. Auch sie sind in diesem Status vom Landesrecht abgesichert.

Manche befürchten, dass das Modell Juniorprofessur aufgrund des Karlsruher Urteils zum Scheitern verurteilt ist.

Das will ich nicht hoffen! Die Hochschulen befürworten dieses Modell als einen von mehreren möglichen Wegen zur Professur. Es sollte möglichst rasch überall etabliert werden, denn wir müssen dringlich etwas für den Nachwuchs tun. Es ist schlimm genug, dass sich die flächendeckende Einführung der Juniorprofessur durch das anderthalbjährige Gerichtsverfahren verzögert hat. Wir dürfen nicht noch mehr Zeit verlieren.

Was muss geschehen?

Wir brauchen möglichst bald eine Novelle des Hochschulrahmengesetzes, das den Ländern die Möglichkeit gibt, die Juniorprofessur neben der Habilitation als einen von mehreren Wegen zur Professur einzuführen. Diese Novelle sollte mit den Ländern abgestimmt sein, damit sie auch vom Bundesrat abgesegnet werden kann. Das kann bis Ende des Jahres geschehen – denn auch die klagenden Länder haben meinem Eindruck nach nichts gegen das Modell Juniorprofessur an sich. Der Zustand, dass sich zum Beispiel ein Juniorprofessor aus Berlin nicht nach Bayern bewerben kann, weil Bayern die Juniorprofessur nicht eingeführt hat, darf nicht aufrechterhalten bleiben.

Ohne die Klage der unionsregierten Länder hätte die flächendeckende Einführung der Juniorprofessur schneller gehen können. War sie überflüssig?

Nein! Denn das De-facto-Verbot der Habilitation wurde auf diese Weise zu Fall gebracht. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass das Hochschulrahmengesetz nicht vorschreiben darf, auf welche Weise die Qualifikation für eine Professur erworben wird. Es gibt nicht einen allein selig machenden Weg.

Wenn es aber auf Dauer zwei Wege zur Professur gibt, wird Unsicherheit herrschen, welcher der beste ist. Viele Juniorprofessoren habilitieren sich, weil sie fürchten, sonst gegenüber habilitierten Kandidaten benachteiligt zu werden.

Sie dürfen nicht benachteiligt werden. Auch in der jetzt wieder gültigen Fassung des Hochschulrahmengesetzes steht als Voraussetzung für eine Berufung zum Professor: „Habilitation oder gleichwertige wissenschaftliche Leistungen“. Die sollten auch im Rahmen einer Juniorprofessur erbracht werden können.

Aber in der Praxis gibt es Berufungskommissionen, die Habilitierte vorziehen …

Das kann ich nicht ausschließen. Aber die Realität entwickelt sich weiter. Ich gehe davon aus, dass die Habilitation aufgrund der Internationalisierung und des Generationswechsels an den Hochschulen langsam verschwinden wird.

Die Juniorprofessoren müssen kein „zweites Buch“ vorweisen. Sind sie Professoren light?

Nein. Es kommt auf das Fach an: In den Geistes- und Sozialwissenschaften werden möglicherweise auch viele Juniorprofessoren ein zweites Buch schreiben, um ihre wissenschaftliche Leistung zu dokumentieren. In den Naturwissenschaften dagegen ist jetzt schon der Qualifikationsnachweis über wissenschaftliche Publikationen üblich, und auch die Juniorprofessoren werden ihre wissenschaftliche Qualifikation in der Regel über mehrere Aufsätze nachweisen.

Was ist gut an der Juniorprofessur, was ist verbesserungswürdig?

Gut ist, dass die Nachwuchswissenschaftler früh selbstständig forschen können, ein eigenes Budget haben und selbst Doktoranden ausbilden können. In der Praxis gibt es noch Schwierigkeiten: Einige Juniorprofessoren werden von den Lebenszeit-Professoren nicht gleichberechtigt behandelt. Und: Manche Hochschulen haben die 60 000 Euro pro Jahr, mit denen der Bund jede neue Juniorprofessur fördert, nicht an die Betroffenen weitergegeben. Das ist falsch. Die Juniorprofessoren brauchen ein eigenes Budget, auch um Fördermittel einwerben zu können.

Im Grunde stimmen alle mit Bulmahns Reformzielen überein. Was hat die Ministerin falsch gemacht?

Es hätte eine bessere Abstimmung mit den Ländern geben sollen – und kein Quasi-Verbot der Habilitation. Jetzt sind die Länder gefordert. Sie müssen Farbe bekennen: Wollen sie diese Reform oder nicht? Ich bin da aber eher optimistisch.

Das Gespräch führte Dorothee Nolte.

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