zum Hauptinhalt

Gesundheit: Die Leibwächter

Ohne sie wären wir Bakterien und Viren wehrlos ausgeliefert: die Körperabwehr – und wie man sie stärkt

Sie wollen Ihre Abwehrkräfte steigern? Sex. Gleich mehrere Studien kommen zum Schluss: Sex beflügelt das Immunsystem.

Die erste Studie ist statistischer Art. Der Psychologe Carl Charnetski von der Wilkes University in Pennsylvania befragte 111 Studenten nach ihrem Leben zwischen den Laken. Zusätzlich entnahm er ihnen Speichelproben, um die Menge des Antikörpers IgA (Immunglobulin A) zu messen. „IgA“, sagt der Experte, „ist die erste Verteidigungslinie gegen Erkältungen und Grippe.“

Es zeigte sich: Wer sich ein- bis zweimal pro Woche im Bett verausgabt, der stärkt seine Körperabwehr nachhaltig. In Charnetskis Studie erreichten die Antikörper bei dieser Gruppe Höchstwerte: Sie lagen um 30 Prozent über dem Level der Abstinenzler.

Die zweite Studie ist experimenteller Natur. Dazu bat der Neuroimmunologe Manfred Schedlowski von der ETH Zürich Versuchspersonen, im Dienste der Wissenschaft zu onanieren. Das Ergebnis: „Unmittelbar nach dem Orgasmus war der Spiegel der natürlichen Killerzellen um 150 Prozent erhöht“, sagt Schedlowski – eine Situation, die sich nach einer Stunde normalisiert hatte.

Killerzellen sind relativ große weiße Blutkörperchen, die Aggressoren – etwa virusinfizierte oder von Krebs befallene Körperzellen – erkennen, durchlöchern und schließlich zum Selbstmord („Apoptose“) nötigen. „Sex führt zu einer Aktivierung des Immunsystems“, sagt Schedlowski.

Das Immunsystem. Es ist eine hocheffektive und zugleich äußerst bescheidene Sicherheitsorganisation: Sie arbeitet weitgehend inkognito. Dass wir mit einem Milliardenheer von Spezialzellen ausgerüstet sind, die Tag und Nacht nur damit beschäftigt sind, unseren Körper gegen äußere und innere Feinde zu verteidigen, merken wir erst, wenn die Verteidigung mal versagt. Wenn es einem Bakterium oder Virus gelingt, sich in uns zu vermehren, uns schachmatt zu setzen, für einige Tage, wie bei einer Erkältung. Für Wochen, wie bei einer Lungenentzündung. Oder Monate, wie bei einer Hepatitis.

Stirbt man, kann der Körper im Nu von Feinden befallen und zerfressen werden – das demonstriert die stille, ununterbrochene Arbeit der Abwehrzellen einmal mehr: Wenn das Immunsystem erlischt, wie nach dem Tod, ist der Körper den zahlreichen Bakterien, Mikroben und Parasiten wehrlos ausgeliefert.

Was kann man tun, um sich gegen diese Feinde zu schützen? Studien zeigen: Vor allem die richtige Mischung aus Ruhe und Stress tut unserem Immunsystem gut.

So konnte der Lübecker Schlafforscher Jan Born nachweisen, dass Nachtruhe die Abwehrkräfte stärkt. Auf der anderen Seite bringen kurze Stress-Episoden unser Immunsystem auf Trab. „Sie versetzen das Immunsystem in Alarmbereitschaft“, sagt der Neuroimmunologe Joachim Kugler von der TU Dresden.

Sei es eine Herausforderung im Job oder ein moderates Workout im Fitness-Studie: Sobald wir unter Druck stehen, schüttet der Körper das Stresshormon Adrenalin in den Kreislauf. Das führt dazu, dass sich die Killerzellen von den Gefäßinnenwänden lösen und ins Blut gelangen. „Denken Sie an unsere Vorfahren“, sagt Kugler. „Wenn sie in einer Situation waren, in der sie jagen, kämpfen oder flüchten mussten, da war auch die Verletzungsgefahr erhöht“ – ein guter Grund also, die Verteidigung zu mobilisieren. Ein spektakulärer Versuch dazu kommt vom Züricher Immunforscher Schedlowski: Er maß die Konzentration der Killerzellen bei Fallschirmspringern. Der Befund: „Der Sprung ließ die Killerzellen im Blut um bis zu 250 Prozent steigen.“

Leicht jedoch kippt der Effekt ins Gegenteil um: „Andauernder Stress ist absolut schädlich für das Immunsystem“, sagt Kugler. Das Stresshormon Cortisol wird ausgeschüttet, die Infektionsanfälligkeit steigt. Auch Schedlowski rät dazu, „Phasen der Anspannung abzulösen von Phasen der Entspannung“.

Noch wichtig: eine ausgewogene, gesunde Ernährung. „Wenn Sie Ihrer Abwehrkraft etwas Gutes tun wollen“, sagt der Immunologe Joachim Kalden von der Universität Regensburg, „meiden Sie Gefahren wie Alkohol, Nikotin und Übergewicht.“

Zur Startseite